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Missing Link

19 / 04 / - 28 / 06 / 2002
Ausstellung / Diskussion

Überblick und Dokumentation der Arbeiten
der Wiener Arbeitsgemeinschaft “Missing Link” (1970-80)

Stilleben Weltattrappe (1972/73)
Aktion mit Tüchern und Stangen


Stilleben Weltattrappe/Aktion mit Tüchern und Stangen
29. September 1972 in Graz

Arbeitsbericht Projekte 1970 – 72
Karl 365 (1971)
16. November: Eine Utopie in neun wirklichen Bildern (1972)
Treffen auf dem Feld (1972)
Via Nostalgia: Straßenarbeit (1972/73)
Stilleben Weltatrappe (1972/73)
Die andere Seite (1973)
Die verstoßene Stadt (1974)
Asyleum – Großes Hutobjekt (1976)
Via Trivialis Fünf Aspekte zur Straße
Wiener Studien
Comments in Architecture (1980)

Auf dem Rücksitz eines Volkswagens hat alles Platz: Stangen, Fetzen, ein paar Scharniere und Holzformen, eine Schachtel Kreide. Im Laufe der Aktion entsteht daraus ein Ensemble, das einen beliebigen Raum, oder Platz durch einfachste Gestaltung verändert.

Wir beginnen mit einer Bodenzeichnung, weiße Linien auf dem Asphalt, Linien auf der Straße. Der Kreis als Geste bedeutet Abgrenzung und zugleich Hinweis: es entsteht, es beginnt etwas. Die abstrakte Form des Grundrisses wird, wie beim Ausstecken der Grundfestung eines Hauses, direkt auf den Boden übertragen. Darauf stehen Stangen - feste, materielle Linien, die sich nach der statischen Grundform des Dreiecke (Zelt) gegen einander abstützen. Die Tücher - über die Stangen gehängt, geworfen, gebreitet - erzeugen Raum, erweitern das Gerüst und begrenzen wieder, sind Fassaden, die sich bewegen, die auf die Strömung der Luft reagieren.

Tücher und Stangen bilden ein improvisiertes temporäres Environment, das verschiedene Effekte bewirkt. Durch das Zeichenhafte der einzelnen Objekte, durch die Dichte der Symbole, die unmittelbar verständlich, aber mehrfach verfremdet sind, werden Gegensätze deutlich: Die Weltattrappe entsteht in einer Aktion aus unschein-baren, halb seriell gefertigten Materialien, aus einem Bündel Knüppel und Fetzen werden im Zusammenwirken von Form und Bezeichnung Symbole und Signale. Die Stadtfassade, ein Platz als Hintergrund und Ort bildet Kontrast, wird sichtlich aus-tauschbar als Zeichen, als identifizierbarer Raum.

Symbole, Fetische waren immer transportierbar. Ihr Transport wurde teilweise zum Ritual selbst (Umzüge, Prozessionen). Zweideutigkeit - als In-Frage-Stellung - ruft Aggression hervor auf verschiedene Art: Die einzelnen Objekte sind zweifach
betitelt:

Kreuz - Scheuche
Bombe - Wolke
Arche - Raumschiff
Bahre - Verhütung
Stern - Spieß

Durch die Art der Titel und deren Zusammenhang werden Tabus verletzt. Auch durch den Rahmen und die Art der Darstellung der bezeichneten Symbole. Anderseits entstehen rund um die Fetzen neue, erfahrbare Tabus ein Kreidekreis, den man nur schwer überschreitet, ein weißes Linnen, in das man mit Schuhen doch nicht steigt... Symbole und Fetische waren stets vor Aggression geschützt durch Tabus und verbotene Zonen. Die Entladung der beim Betrachter-Passanten erzeugten Aggressivität auf die Objekte selbst wäre sinnlos, sie haben ja auch noch immer ihren Teil Symbolcharakter. Auch die Aktionisten repräsentieren nicht die Ambivalenz der Situation. Die Aggressivität könnte auf den Betrachter selbst zurückfallen und als Reflexions -(Diskussions-)energie freiwerden, soweit sie sich nicht in Selbstbestätigung als Schutz gegen Verunsicherung erschöpft.

Ausgeführt am 29/9/72 am Grazer Hauptplatz (2.Grazer Kunstmarkt), am 8/11/72 Flugfeld Wieer Neustadt (ORF-Film 16.November: Eine Utopie in neun wirklichen Bildern) am 22/4//73 Schulhof, Wien


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