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Rashid Masharawi

26 / 03 / 02
Filmvorführung / Diskussion

Rashid Masharawi (Palästina)

Live from Palestine, (2002) Docu. 57 min.
Dir. Rashid Masharawi

The Shelter, (1989) Fiction
Dir. Rashid Masharawi.

Talk
Rashid Masharawi


Live from Palestine

English

"Manche versuchen, mit Mitteln des Kinos eine palästinensische Situation herzustellen. Was ich versuche ist, aus der palästinensischen Situation heraus Kino zu machen.“

haus.0 präsentiert Filme und einen Vortrag des bekannten palästinensischen Filmemachers Rashid Masharawi. Masharawi wurde 1962 im Füchtlingslager Shatii geboren und lebt heute in Ramallah, Palästina. Im Laufe der vergangenen zwanzig Jahre entstand das umfangreiche Werk des Regisseurs, das sich vor allem mit der Stellung der Flüchtlinge in Hinblick auf die räumliche Politik, welcher das alltägliche Leben unterliegt, von der Zeit der ersten Intifada über die Ära des Friedensprozesses und weiter bis heute beschäftigt. Masharawis Methodologie kann als Reflektion der Produktion von Raum aufgefasst werden. Sein Werk beinhaltet Spielfilme ( Rabab, ein Film über Gewalt gegen Frauen in den Camps, der im Rahmen eines Workshops entstand; Haifa, dem in Cannes ein Preis verliehen wurde), und Dokumentarfilme. Er gründete das Cinema Production Center in Ramallah, dessen Leiter er nach wie vor ist. Das Cinema Production Center ist ein Ort des kulturellen Austausches und gleichzeitig Produktions- und Ausbildungsstätte für Filmemacher/innen. Ausserdem gründete Masharawi “Mobile Cinema”, ein mobiles Kino, das jedes Jahr durch die Camps reist, um Filme vorzuführen.

Masharawi wird mit dem Dokumentarfilm Live From Palestine (2002) und dem Spielfilm Haifa (1996) verschiedene Aspekte seiner Arbeit vorstellen.

Live From Palestine war ursprünglich ein Film über den Radiosender „Voice of Palestine“, der sich in Masharawis Nachbarschaft befindet. Im Laufe der Dreharbeiten wurde der Film zu einem Dokument der Zerstörung dieser Radiostation. Der Film verfolgt sowohl die redaktionellen Diskussionen, die Produktionsprozesse und auch die Reportagearbeit der Journalisten im Alltag. Er zeigt so die Beziehung zwischen der Gemeinschaft und dem Radiosender, und erzählt vom Glauben an das Recht der Kommunikationsmedien, ohne Behinderungen und Einschränkungen von irgendeiner Seite zu existieren. Der Leiter des Senders legt Wert darauf, nicht in die Falle eines andauernden „Selbstgesprächs“ zu gehen. Während des ganzen Films ist eine spürbare Spannung präsent. Plötzlich wird ein Gebäude der Palestinian Authority in der Nähe seines Hauses von israelischen Einheiten zerstört.

Nach Fertigstellung des Films, als dieser bereits auf dem Weg zu verschiedenen Filmfestivals war, besetzten israelische Kampfeinheiten die Radiostation, montierten in jedem einzelnen Raum Sprengsätze und zerstörten so das gesamte Gebäude. Masharawi kehrte mit seinem Kameramann in die noch schwelenden Ruinen des Senders zurück, und fügte mit diesem neuen Material seinem Film einen Nachsatz hinzu. Seine Aufnahmen zeigen die gleichen Menschen, die im ursprünglichen Film ihrer täglichen Arbeit nachgingen. Nun sind sie mit den Überresten ihres ehemaligen Arbeitsplatzes konfrontiert: mit einer verstummten, zum Schweigen gebrachten Radiostation.

Der Spielfilm Haifa (1995) erhielt (unter anderem in Cannes) mehrere internationale Festivalpreise. Erzählt wird die Geschichte einer Gemeinschaft in einem Flüchtlingscamp, deren zentrale Figur ein Mann namens Haifa darstellt. Wie Masharawi selbst sagt, dient die Figur des Haifa als Metapher für eine Form der Desorientierung, die auch den Regisseur selbst in seinem Versuch ergriff, die Richtung des sich damals entwickelnden Friedensprozesses zu begreifen. Zu diesem Zeitpunkt wurde es erstmals ganz deutlich, dass das Rückkehrrecht der Flüchtlinge nicht länger im Mittelpunkt der Diskussion stand. Jeder Flüchtling musste sich so auch die Frage stellen, was – im übertragenen, aber auch wörtlichen Sinn - der Boden unter seinen/ihren Füssen bedeutete, auch in Hinsicht auf die Zeit und den Raum von Vergangenheit und einer möglichen Zukunft. Wie in vielen von Masharawis Arbeiten wird der Ton des Films von genauen Beobachtungen der Gemeinschaft und der Familie balanciert und bestimmt, die beide eine Reihe miteinander verwobener Geschichten erzählen: Geschichten von Veränderung, Übergang und von einer möglichen Zukunft, in welcher den Söhnen und Töchtern andere Möglichkeiten offenstehen, als jene, die von arrangierten Ehen und der Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern diktiert werden.

Masharawis Filme beruhen auf Drehbüchern mit klaren und doch komplexen Beziehungen,die einen offenen, vielschichtigen und dynamischen Raum vermitteln, der manchmal fast wie ein Diagramm lesbar wird. Dies steht sowohl in Kontrast zu den festgeschriebenen Grenzen, wie sie die vom Regisseur ausgewählten Geschichten vermitteln, wie auch zu den tatsächlichen Einschränkungen der Dreharbeiten, der Bewegung etc.

In seinen Spielfilmen verknüpft Masharawi individuelle Erzählungen mit der Geographie, um Raum und Zeit einer besonderen kollektiven Situation zu vermitteln. So spielt die Handlung des Films Curfew (Ausgangssperre) in den Stunden und später Tagen einer Ausgangssperre, einer erzwungenen räumlichen Beschränkung; in Haifa dreht sich die Geschichte um den Versuch, der verwirrenden neuen Logik des Friedensprozesses zu folgen; und in seinem kürzlich fertiggestellten dritten Spielfilm A Ticket to Jerusalem erzählt er von einer Bewegung zwischen zwei Punkten in der Zeit, von einem Ticket für die Reise eines palästinensischen Kinovorführers, dessen Ziel es ist, palästinensische Filme in Jerusalem zu zeigen.

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