WWW.HAUSSITE.NET

 

>redirect

16 / 11 / 02 – 15 / 12 / 02
Exhibition / Films / Talks / Performance

Noël Burch

Interview with Noël Burch, May 2002
What do those Old Films Mean?
Red Hollywood
Rome is burning (Portrait of Shirley Clarke)

English

Noël Burch wurde 1932 in San Francisco geboren und lebt seit 1951 in Frankreich. In den Fünfzigerjahren arbeitete er als Regieassistent für Preston Sturges und Michel Fano. Seit den Sechzigerjahren ist er Autor, Filmemacher und Lehrer. In den Jahren 1967-1971 war er Mitbegründer und Leiter des Institut de Formation Cinématographique (mit J.-A. Fieschi und D. Mancier), wo er auch Vorlesungen hielt. Zwischen 1972 und 1981 gab er theoretische und praktische Kurse am Royal College of Art und an der Slade School in London; am Institut des Arts de Diffusions in Brüssel; im NY University Department of Cinema Studies, und an der Ohio State University im Department of Photography and Cinema. Zwischen 1982 und 2000 unterrichtete er an der Universität Paris III und Paris VIII als Gastprofessor, und an der University of California Santa Barbara; von 1993 bis 2000 war er Professor in Lille III, und bis heute lehrt er am Center for Critical Studies.

Zu seinen zahlreichenPublikationen gehören Theory of Film Practice (New York: Praeger, 1973), eine Monografie über Marcel L’Herbier (Paris: Seghers, 1973); To the Distant Observer (Berkely: 1979), in dem Burch die dominanten Diskursformen der japanischen Kultur mit der stilistischen Entwicklung des japanischen Kinos konfrontiert, und die resultierenden Repräsentationsformen mit jenen des Westens vergleicht. Er stellt aus einer marxistischen Perspektive grundlegende Unterschiede zwischen japanischen und westlichen Repräsentationsformen fest. La Lucarne de l’Infini (Paris: Nathan, 1991; englischer Titel: Life to those Shadows) entwickelt eine Kritik klassischer Methoden des Zugangs zur Filmanalyse: Burch fordert hier die Annahme heraus, dass das, was wir als Filmsprache bezeichnen, eine natürliche, organische Entwicklung genommen hat. Im Unterschied zu dieser Auffassung ist Burchs Hauptthese, dass die Filmsprache einer sozialen und ökonomischen Geschichte unterliegt, und dass sie zwischen 1892 und 1929 ausschließlich in direkter Abhängigkeit von Ort, Zeit und Bedingungen eines kapitalistischen, imperialistischen Westens entstand. Aus dieser Perspektive untersucht das Buch die Entstehung einer “institutionellen Repräsentationsform”, und die soziohistorischen Umstände, innerhalb derer sich jene Repräsentationsformen bildeten. Seine jüngste Publikation ist La drôle de guerre des sexes du çinema français: 1930-1956, (mit Geneviève Sellier; Paris: Nathan,1996), das sich mit dem Gegenstand der Darstellung vonGeschlechterverhältnissen im französischen Kino aus den Jahren der Zwischenkriegszeit bis zu den Fünfzigern befasst, und ein spezielles Augenmerk auf jene Filme richtet, die in der Besatzungszeit entstanden.

Als Regisseur realisierte Noël Burch eine ganze Reihe von Reportagen und Dokumentarfilmen, darunter Voyage sentimentale (Sentimental Journey, USA 1993-94), der von Burchs Rückkehr nach Amerika erzählt, und von seinen Besuchen bei linksgerichteten, politisch engagierten früheren Freunden; Aller-simple (One Way Ticket, 1992-93, gemeinsam mit Nadine Fischer und Nelson Scartuccini), ist ein Dokumentarfilm, der bis dato unzugängliches Material aus der Stummfilmzeit verwendet, um die Geschichte europäischer Emigration nach Argentinien und Uruguay erzählt.
In dem Film Correction, Please or How We Got into Pictures (GB 1979) bilden Variationen einer Szene aus einer Geschichte von Dorothy Sayers Reflexionen über die Geschichte der Entwicklung der Filmsprache. Der Film führt die Entstehung der klassischen Sprache des Films in eine Zeit zwischen 1906-1930 zurück, und stellt eine ganze Reihe theoretischer Fragen, die “dominante” Repräsentationsformen betreffen. Dies geschieht in vier Versionen einer Fantasie, die einem alten britischen Thriller entliehen und mit Schlüsselszenen aus der “primitiven” Ära des englischen, französischen und nordamerikanischen Films versetzt ist.

The Year of the Bodyguard (GB/Deutschland) geht der Geschichte jener Suffragetten nach, die 1912 unter der ersten weiblichen englischen Jiu-Jitsu-Expertin ein Training absolvierten, um gegen die Polizei kämpfen und ihre Führerinnen beschützen zu können. The Impersonator or A Propos the Disappearance of Reginald Pepper (in Zusammenarbeit mit Christopher Mason, GB/Deutschland 1983) erzählt die Geschichte einer Malerin, die erst Erfolg hat, als sie sich als männlicher “Primitiver” ausgibt.

back