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Transaction

10 / 10 / - 24 / 11 / 2000
Ausstellung / Präsentation

Transaction
Nomeda und Gediminas Urbonas (LT)

Filmauswahl

Transaction
Session
Frauen
Psychologie
Filmliste + Synopsis

Das Projekt Transaction fokussiert in der Analyse zeitgenössischer Massenmedien vor allem auf die Geschichte des litauischen Kinos. Eine Auswahl von Interviews mit litauischen Frauen aus unterschiedlichsten Bereichen kultureller Produktion, und Gespräche mit Therapeuten und Therapeutinnen, die in verschiedenen Institutionen in Vilnius leitende Positionen innehaben, vervollständigen die Materialien, auf denen Transaction basiert. Um die heutige gesellschaftliche Wirklichkeit und ihre eigene momentane Situation besser be- und umschreiben zu können, greifen die Teilnehmerinnen in Interviews und Berichten oft auf die Wiedererzählung von Filmsequenzen zurück. Dabei überwinden sie im Laufe der Zeit ihre ursprüngliche Abneigung gegen die Beschäftigung mit Werken, deren Erzählungen und ideologische Konnotationen sie als erdrückend und deprimierend erfahren haben. Diese Reaktion auf noch sicht- oder sonst irgendwie wahrnehmbare Überreste, Monumente, und Ruinen aus der Sowjet-Ära ist im Litauen von heute – und nicht nur dort - weit verbreitet.

Obwohl die ersten litauischen Kinoproduktionen in der Zeit der 'Ersten Unabhängigkeit' (1918-1940) entstanden, so stammen die meisten Produktionen doch aus der Sowjet-Ära. Die Kinematographie wurde von V.I. Lenin als "die wichtigste aller Künste" bezeichnet. Die TeilnehmerInnen des Projekts erlebten die Ära des Bolschewismus, des Stalinismus und des Kommunismus, in der sowohl die Massenmedien ideologisiert, wie auch die 'Scripts' für Rolle und Charakter des "Homo Sovieticus" entwickelt wurden. Nun stellt sich die Frage nach der Authentizität des Produkts und der darüber vermittelten Realitätswahrnehmung. Unter den sowjetischen Bedingungen war das Leben oft nur mehr in Form eines Rückzuges in die innere Emigration erträglich. Die Menschen erfanden sich einen inneren Zufluchtsort und eine symbolische , eine 'Äsop’sche Sprache' vonVerschleierung und Umschreibung. So wurden klassische Mechanismen der Selbsterhaltung auch über Sprachgebräuche etabliert.

Transaction beschäftigt sich mit der Struktur der 'Äsopschen Sprache'. Allegorien, Metaphern und Doppeldeutigkeiten bilden die Hauptmerkmale dieser Rhetorik, die sich begrifflich auf die Fabel bezieht. Oft jedoch verschwindet die eigentliche Botschaft hinter den vorgeschobenen Metaphern.
Transaction versucht, diesen repressiven Kommunikationsmechanismus nachzuvollziehen und aufzubrechen, indem untersucht wird, nach welchen Auswahlkriterien empfangene und gesendete Botschaften eingeordnet und interpretiert werden. So wird Transaction zu einer Reflexionsfläche einer verschobenen und gestörten Kommunikation zwischen 'Abbild' und 'Sein'.
Der Ausgangspunkt für diesen Eingriff in bestimmte Formen der Kommunikation als Möglichkeit, die Wirklichkeit neu zu begreifen, bildet das Medium Kino, und innerhalb dieses Mediums wiederum die spezifische Rolle der Frauen. Die Struktur des Dramas stellt die gängigste Erzählform des litauischen Kinos dar. In seinen Geschichten erzählt es von Frauen, die in einer reinen Männerwelt leben.Hier wird auch schnell deutlich, dass sowohl Katholizismus wie auch die sowjetkommunistische Ideologie im Prinzip die selben stereotypen Frauenbilder erzeugten: die Mariengestalt in Analogie zur "aufopfernden Mutter" - nur die Ästhetiken sind ziemlich verschieden. Die Unschuld des jungen Mädchens lässt sich gerne an ihrem gepunkteten Kleid ablesen.
Die im Rahmen von Transaction zusammengestellte Filmauswahl umfasst Filme aus der Zeit nach dem II. Weltkrieg bis hin zu zeitgenössischen Produktionen.

Im Mittelpunkt steht eine der Schlüsselfiguren des litauischen Kinos : der Regisseur Vytautas Zalakeviciius. Seine Weltsicht wird im Titel des Films "Die Welt, die den Männern gehört" rasch deutlich. Die Auswahl besteht zu einem großen Teil aus Mainstream-Produktionen, die heute nur mehr selten zu sehen sind, sowie aus einer Reihe von Kultfilmen aus früheren Epochen.

Die Sammlung enthält natürlich auch alle Filme, auf welche die Teilnehmerinnen sich in den Interviews beziehen.
Heutzutage ist es entweder sehr schwierig oder schlichtweg unmöglich, Filme des litauischen Nachkriegskinos zu finden. Das Hauptfilmarchiv ist das Centra Film Archive in Belyje Stolby bei Moskau, zu dem so gut wie niemand Zugang erhält. Das Archiv beinhaltet auch die 'Filmtrophäen' aus verschiedenen Ländern, welche die Sowjets im I. und II. Weltkrieg erbeutet hatten. Die wenigen Kopien, die in den litauischen Archiven erhältlich sind, sind nur zu Forschungszwecken einsehbar. Sie dürfen weder kopiert noch öffentlich aufgeführt werden.

Übersetzung: Constanze Ruhm

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