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From Girls to Grrrlz

18 / 05 / - 20 / 07 / 01
Austellung / Vortrag

Eine Geschichte des amerikanischen Frauencomics - von Teens to Zines
zusammengestellt von Trina Robbins (USA, Autorin und Comic-Künstlerin)

Projekt-Website

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"Es war einmal eine Frau, die hieß Ginger Rogers. Sie tanzte genauso gut wie Fred Astaire, nur rückwärts, und in hohen Absätzen. Wenn eine Frau in der Lage ist, so etwas zu tun, sollte es ein Kinderspiel sein, Comics zu retten."

- Trina Robbins

Die Idee zu der Ausstellung "From Girls to Grrrlz - Eine Geschichte des amerikanischen Frauencomics von Teens zu Zines" entstand, als Trina Robbins, die bekannte amerikanische Comic-Zeichnerin und Spezialistin für die Geschichte der "Women’s Comics" eingeladen wurde, im Rahmen des Programms von haus.0 ein Projekt zu realisieren. Durch dieses Projekt sollte deutlich werden, dass Robbins neben ihrer Tätigkeit als Zeichnerin außerdem noch Produzentin und auch Chronistin der Comicindustrie ist. Robbins schlug vor, ihre eigene Arbeit im Kontext der Geschichte anderer Comicszeicherinnen vorzustellen. Die Ausstellung basiert nun auf ihrem preisgekrönten Buch " From Girls to Grrrlz - A History of American Women’s Comics, from Teens to Zines" (Chronicle Books, 1999).


"From Girls to Grrrlz", Ausstellungsdokumentation; 8 Bilder - Klick ins Bild zur nächsten Ansicht

Der begleitende Ausstellungstext definiert die Rahmenkoordinaten dieser Auseinandersetzung als ein Gerüst transitorischer Terminologien: von "Women" zu "Womyn", von "Girls" zu "Grrrlz". Die Ausstellung zeigt eine große Auswahl von Comics und Originalzeichnungen für Mädchen und Frauen von 1940 bis heute. Ein Großteil der frühen Comics aus den Vierziger- und Fünfzigerjahren wurde fast ausschließlich von Männern gezeichnet. In den späten Sechzigerjahren traten zunehmend weibliche Autorinnen in Erscheinung, die ein Spektrum schufen, das von Hippie-Psychedelik bis zu feministischer Politik reichte. "Grrrlz" zeigt einen Ausschnitt aus diesem Spektrum, der vor allem aus Indie-Produktionen junger zeitgenössischer Autorinnen, aber auch Post- bzw. Third-Wave-Feministinnen besteht, die das Wort "Girl" auf ihre Weise neu besetzten.

Trina Robbins Perspektive auf die Rolle der Frauen in Gesellschaft und Politik ist untrennbar mit der Vorstellung einer neuen, veränderten Identitätspolitik innerhalb der amerikanischen Underground-Kultur der Sechzigerjahre verbunden. Comics schienen damals ein höchst geeignetes Kommunikationsmedium darzustellen, mit dem sich dieser neue Ansatz artikulieren ließ. Die flexiblen und veränderlichen narrativen Bild/Text-Gefüge, auf denen Comics basieren, bildeten eine ideale Trägerstruktur, mit Hilfe derer das veränderte Konzept, die neue Auffassung von "Identität" transportiert werden konnte.

Nachdem Trina Robbins die Cooper Union School in New York frühzeitig verlassen hatte, begann sie, Cartoons für das East Village Other-Magazin zu zeichnen. "Ich würde gerne behaupten, dass man mich aus der Cooper Union rausgeschmissen hat, weil ich Cartoonistin war — aber das wäre leider eine Übertreibung. Ich war immer schon Künstlerin - da ich in Queens aufwuchs, hatte ich eine etwas seltsame Vorstellung vom Künstlerinnendasein. Hauptsächlich gründete diese Vorstellung sich auf das, was ich aus Comics erfuhr."(1) 1969 zog Trina Robbins nach San Francisco, wo sie mit ihren Cartoons, in denen sie sich mit vielen Themen des Second-Wave-Feminismus beschäftigte - von Abtreibung bis zu Coming-Out - rasch Erfolg hatte.

Robbins schreibt :" In den Siebzigern war ich eine sehr radikale Feministin — ich bin noch immer radikal, aber anders, es ist heute eine andere Betroffenheit. Ich wollte damals den Männern das zurückgeben, was sie uns Frauen gegeben hatten, also machte ich einige ziemlich männerfeindliche Comics. Diese Comics waren aber immer noch harmlos verglichen mit denen der Männer. Es liegt mir einfach nicht sehr, Eingeweide zu zeichnen, die verstreut in der Landschaft herumliegen."(2)

Robbins bewegt sich zwischen Underground, Independent und Mainstream, und hat in vielfacher Weise zur Entstehung neuer Comics-Reihen beigetragen. DC Comics beauftragte sie, eine vierteilige Miniserie für die Wonder Woman-Figur zu zeichnen, in der sie ihre Fähigkeiten als Cartoonistin wie auch als Historikerin der Women’s Comics-Bewegung gleichermaßen entfaltet.

"Wenn man das neue Wonder-Woman-Buch von Les Daniels ansieht, das für DC Comics produziert wurde und das auch deren offizielle "Partei-Linie" reflektiert, stößt man auf Daniels Aussage, dass die Leserschaft von Wonder Woman immer schon vor allem männlich gewesen sei. Er führt nicht einmal Statistiken an, um diese unglaubliche Behauptung zu belegen. Wenn man weiter liest, stellt man fest, dass es in den frühen Wonder Woman Comics eine sehr starke Neigung zu Bondage gibt, im Gegensatz dazu aber nur eine kleine Nebenlinie, die sich mit angeblich lesbischen Themen auseinandersetzt, und die Daniels auch so gut wie völlig vernachlässigt. Man versucht immer noch, die Aufmerksamkeit der männlichen Leserschaft zu gewinnen: abartiger Sex, ja! Lesben, Nein! Gott behüte!" (3)

"Junge, männliche Comic-Zeichner haben keine Ahnung, wie Frauen wirklich aussehen. Sie wissen nur, wie Frauen in Comics gezeichnet werden. Jedes Jahr werden also die Beine länger, die Nasen kleiner, die Titten größer, die Hüften schmaler. Und kleine Jungs saugen das alles auf, und natürlich auch die Ladenbesitzer zwischen 30 und 40, die tief in ihrem Innersten auch noch nicht aus der Pubertät herausgekommen sind. Egal, wie sehr sie immer behaupten, dass mehr Frauen Comics machen sollten, in Wirklichkeit wollen sie das überhaupt nicht. Damit also Mädchen und Frauen Zugang bekommen, müssen die Comics an anderen Orten verkauft werden ...

Man wird keine Mädchen in den Comicsläden finden, solange die voller Zwölfjähriger sind, und die Wände und Schaufenster mit Superhelden und PinUp Babes gepflastert. Kleine Mädchen und ihre Eltern werden da nicht hineingehen. Und natürlich müssen die Unternehmen auch mutig genug sein, mehr als sechs Ausgaben pro Jahr zu publizieren. Weil die Mädchen diese nämlich auch FINDEN müssen."(4)

Trina Robbins ist während der Ausstellungseröffnung anwesend. In ihrem von Visuals begleiteten Vortrag spricht sie über ihren eigenen Werdegang in der Comicsindustrie, über Underground Women´s Comics, und über ihre Rolle als "Her-Storian", als Chronistin des Geschehens.

(1,2,4) Stefan Dinter, Interview mit Trina Robbins, in: Thirteen Interviews, Merz Akademie, 1993
(3)Regina Möller, Interview mit Trina Robbins, in: De:Bug, Mai 2001

Robbins gehört zu den einflussreichsten Stimmen in der heutigen Welt des Frauencomics. Seit dreißig Jahren ist sie auf diesem Gebiet tätig. Sie war Gründungsmitglied des "Wimmen's Comix Collective", veröffentlichte in den "Underground Comix" ("It Ain't Me, Babe" und "Girlfight"), sowie unabhängigen ("California Girls" und "Choices") und kommerziellen Produktionen ("Meet Misty", "Wonder Woman", "Barbie","The Little Mermaid", "Powerpuff Girls"). Ihre Arbeiten sind in acht Sprachen übersetzt worden, sie hielt Vorträge an Schulen, Universitäten und Bibliotheken in den USA und Europa. Ihr wurden Preise wie "Inkpot for Excellence in Comics", der "Parents’ Choice Award", der "NOW Out-standing Feminist Award" und der "Media Alliance Meritorious Achievement Award" verliehen.

Robbins ist Autorin von zahlreichen Comics, sie produzierte eine CD-Rom, ein Kinderbuch, Bücher über die Geschichte des Frauencomics. Robbins hat großen Einfluß auf dem Gebiet des Frauencomics. Ihr ist der Ausdruck "her storian" zu verdanken. Als Autorin von "A Century of Women Cartoonists" und "The Great Women Superheroes" (Kitchen Sink Press), wurde ihr neuestes Buch "From Girls to Grrrlz: A History of Women's Comics from Teens to Zines" (Kitchen Sink Press), mit dem "Firecracker" Preis, anlässlich der Buchmesse "Book Expo America, 2000", ausgezeichnet.

(T.M. Lowe)

 

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