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Titel: Spatial Narratives
Autor: Mark Rakatansky, 1991


 

Spatial Narratives

Mark Rakatansky

 

Es gibt keine stumme Architektur. Alle Architekten, alle Gebäude "erzählen" - mehr oder weniger bewusst - Geschichten. Architektur ist von Erzählungen durchdrungen, da sie sich innerhalb eines Feldes von Diskursen und  Ökonomien - formaler, psychologischer und ideologischer Natur - konstituiert, und deshalb als Disziplin weder auf  einen einzelnen dieser Aspekte reduziert werden kann, noch lässt sich einer davon entbehren.

Wenn wir beispielsweise irgendeinen beliebigen Typus von Wohnarchitektur untersuchen, werden wir innerhalb der Architektur selbst bereits eine komplexe Anordnung von Anschauungen und Praktiken[1] finden, die sich auf das Verhältnis zwischen den Geschlechtern, zwischen Eltern und Kindern, "Innen" und "Außen" beziehen, und weiters auch darauf, was "öffentlich" und "privat" sein soll:  was - und was nicht - gesehen, gerochen und gehört werden darf, und so weiter.

Hierarchien und Graduierungen innerhalb räumlicher Zuschreibungen und Definitionen, relative Dimensionierung und örtliche Anordnung, sowie die sub-architektonischen Apparaturen jedes einzelnen Raumes (Einrichtungsgegenstände, analoge und digitale Geräte): all dies wird durch soziale und psychologische Erzählungen bestimmt, die auch Verhaltensweisen innerhalb des Raumes regeln, indem sie zu manchen ermutigen, manche nur gestatten, und wieder andere erschweren oder aber untersagen. Die Elemente des Feldes sind polyvalent, mehrdeutig und vielschichtig: jeder Aspekt wird von bereits etablierten Auffassungen und Praktiken beeinflusst, die möglicherweise bereits schon wieder im Begriff stehen, an Bedeutung zu verlieren, während neue, noch nicht vollständig artikulierte Anschauungen aufkommen. Jedes Element wird also in Beziehung und Widerspruch zu einem anderen treten, und dieses entweder unterstützen, oder ignorieren.[2]

Allein der Versuch, über narrative Strategien in der Architektur zu sprechen, bringt einen sofort in Schwierigkeiten. Zwischen jenen, die auf eine der Architektur innewohnende "nicht-rhetorische" Natur bestehen, (indem sie behaupten, dass ein Ziegelstein einfach nur ein Ziegelstein sei, eine Wand eine Wand, ein Raum nur ein Raum;  dass Stein und Stahl, dass Metallornamente und Gipskacheln nicht sprechen könnten und dies  auch nicht tun sollten), und anderen, die allzu bereitwillig einem Gebäude eine bestimmte "Bedeutung" zuweisen, indem sie  "Geschichten erzählen", scheint für eine andere  Position kaum genügend Raum übrig zu sein. [3]

Die scheinbar gegensätzlichen Positionen von "nicht-rhetorischer" und  "erzählerischer" Architektur begegnen einander in der Auffassung, dass rhetorische Bedeutung einem Bauwerk höchstens in einem sehr allgemeinen Sinn innewohnen kann:  entweder als zeitloser Ausdruck klassischer oder auch regionaler Ideale, oder als "zeitgeistige" Formulierung.  Beide Positionen gehen davon aus, dass, könnte Architektur eine Geschichte erzählen, diese als zusätzliches Charakteristikum in deren stumme und leere Form erst hineinentworfen werden müsste. [4]

Wesentlich konstruktiver, als die Entstehung narrativer Architektur von einer künstlich hinzugefügten Erzählebene abhängig zu machen, wäre es jedoch, von der Erzählung im Plural zu sprechen : von Erzählungen also, die im Bereich der Diskurse und Ökonomien, von denen die Architektur geprägt wird,  verdrängte Narrationen zum Zwecke einer erneuten Aufarbeitung sichtbar machen.

Bevor wir fortfahren, wird es zunächst notwendig sein, die sogenannten linearen Strukturen von Erzählung und Temporalität mit ins Spiel zu bringen. Diese einander verwandten Begriffe werden unvermeidlich zu Instrumenten, mittels derer Erzählung und Architektur voneinander fern gehalten werden sollen. Immer noch besteht die Tendenz, die Erzählung anhand von Konventionen zu definieren, die dem realistischen Roman des 19. Jahrhunderts angehören:  als  lineare Entwicklung von Anfang bis Ende der Geschichte. Deshalb wird jede Strategie, die der "Natürlichkeit" dieser Konventionen entgegengesetzt zu sein scheint, für "anti-narrativ" gehalten. 

Aus dieser Sichtweise ergeben sich zwei Probleme. Einerseits haben neuere literatur-wissenschaftliche Forschungen erwiesen, dass die Konventionen des Realismus in der Literatur wesentlich komplexer und unbestimmter operieren, als man bisher voraussetzte: der Beginn einer Geschichte ist nicht notwendigerweise auch ihr Ursprung, die Entwicklung weist keine nahtlose Kontinuität auf (da Übergänge unvermeidlich auch Brüche darstellen), und das Ende bietet keine definitive (Auf)-Lösung an. [5]

Und während behauptet wird, dass innerhalb eines Buches (im Gegensatz zu einem Gebäude) vollkommene Kontrolle über dessen sequenzielle Entfaltung ausgeübt werden kann, so gibt es doch keine eindeutig linearen Lesarten. Jedes Mal, wenn wir ein Buch aufs Neue lesen, entdecken wir Aspekte und Beziehungen zwischen Aspekten, die wir anders, oder überhaupt nicht mehr in Erinnerung haben. Jede Passage eines Buches nimmt einen anderen Teil unserer Aufmerksamkeit in Anspruch. Wie Roland Barthes festgestellt hat, versuchen die hegemonialen Forderungen nach Naturalismus und Einheit der "konventionellen" Erzählung bloß, diese Bruchstellen zu verschleiern :

"Üblicherweise aber verschleiert unsere Gesellschaft so sorgfältig wie nur möglich die Kodierung der Erzählsituation: Es wimmelt von Narrationsverfahren, die die anschließende Erzählung zu naturalisieren bemüht sind, indem sie ihr einen natürlichen Anlaß unterstellen und sie, wenn man so sagen kann, "desinaugurieren"(...). Die Abneigung, ihre Codes zur Schau zu stellen, prägt die bürgerliche Gesellschaft und die aus ihr entstandene Massenkultur: die eine wie die andere benötigt Zeichen, die nicht nach Zeichen aussehen." [6]

Andererseits setzen "anti-narrative" Strategien wie  Montage, Meta-Erzählung und so weiter, die  Narration doch fort, selbst wenn sie bestimmte konventionelle Praktiken problematisieren und diesen zu widersprechen scheinen, indem deren Ränder und Übergänge enthüllt werden, um die Konstruktion der Erzählung, die aus einer Reihe diskontinuierlicher Effekte besteht, erscheinen zu lassen. In anderen Worten ausgedrückt: "anti-narrative" Strategien sind nicht "non-narrativ". Genau innerhalb dieses Widerspruches zwischen der Unfähigkeit, auf nahtlose Weise in zusammen-hängender Form zu erzählen, und der Unfähigkeit, nicht  zu erzählen, konstituieren sich  Geschichte und Narration an sich. So erzählt die Erzählung innerhalb eines Feldes eigener Bedingungen und (Un)-Möglichkeiten sozusagen sich selbst. 

In Hinblick auf die zeitliche Dimension der Architektur gibt es ein ähnliches Missverständnis. Es wird im Allgemeinen behauptet, dass Temporalität in der Architektur nicht existiert (im Gegensatz zur literarischen Erzählung, der sie angeblich innewohnt und welche dadurch überhaupt erst ermöglicht wird): dass Gebäude "in der Zeit eingefroren sind", dass Temporalität nur durch die Erfahrung eines Gebäudes innerhalb von zeitlicher Dauer auftritt. Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht überraschend, dass es im Augenblick großes Interesse an sogenannten "prozessionalen" Architekturen und Gebäudekomplexen gibt, die zu den seltenen Beispielen zählen, innerhalb derer  die Entwicklung einer narrativen Architektur mit einem "wirklichen" Anfang, einer Mitte und einem Ende  stattfinden kann (Guiseppe Terragnis "Danteum-Projekt", die Villa Lante,  und "Sacra Monti" werden in diesem Zusammenhang häufig genannt). Die Argumente, die ich zuvor im Zusammenhang mit der Erzählung vorgebracht habe, kann man auch auf das Prinzip der Abfolge ("Prozession") in der Architektur anwenden: das heißt, dass auch die sogenannte "prozessionale" Architektur auf weitaus komplexere und unbestimmtere Art funktioniert als gemeinhin angenommen wird [7] , und dass andererseits jede Architektur "prozessional" ist, also auf einer Aufeinanderfolge von Räumen beruht, und sich dies auch gar nicht anders verhalten kann. 

Wenn ich sage, dass Architektur immer "prozessional" ist, dann meine ich, dass unabhängig davon, ob ein Bauwerk hinsichtlich eines gegebenen institutionellen Modells zwischen dessen räumlichen Einheiten konventionelle Verhältnisse aufrechterhält, oder ob versucht wird, diese konventionellen Relationen zu unterbrechen, so wird ein Subjekt doch in beiden Fällen eine Abfolge, eine "Prozession"  von Bewegung durch die verschiedenen Bereiche eines institutionellen Raumes erfahren: von der Straße in die Eingangshalle, zu Stiegen oder Aufzügen, weiter zu anderen Vorräumen oder Empfangshallen oder zu Korridoren oder Räumen, zu weiteren Vorzimmern, Fluren und Zimmern, und so weiter. Selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass der Weg durch ein Gebäude von Mal zu Mal variieren könnte: es würde sich dennoch immer um eine Sequenz, eine Serie von Räumen handeln. Dies stellt nicht nur eine zufällige Abfolge entlang eines neutralen Kontinuums dar, das an einem Ende als "öffentlich" und am anderen als "privat" wahrgenommen wird [8] . Wir brauchen uns nur eine typische Bewegungsfolge durch die verschiedenen Räumlichkeiten eines Wohnhauses,  eines Büros oder eines Verwaltungsgebäudes vorzustellen, damit uns klar wird, wie jeder Raum nicht nur von einer ganzen Reihe sozialer und psychologischer Narrationen durchdrungen wird, sondern auch, wie die Resultate und Effekte dieser Narrationen sich durch die Bewegung von Raum zu Raum - auf nicht unbedingt homogene Weise  - immer stärker akkumulieren.

Man könnte also argumentieren, dass die signifikanteste zeitliche Dimension der Architektur nicht über die physische Bewegung durch ein Gebäude erfahren wird, sondern durch die Art und Weise, wie institutionelle Praktiken sich über die Zeit hinweg in einen architektonischen Raum einschreiben. Unsere Wahrnehmung der scheinbar stabilen Formen institutioneller Räume ( Wohnraum, Büro, Schule, Museum und so weiter) kommt - haben wir diese verschiedenen Typen einmal erfahren - nicht durch das physische Durchqueren eines bestimmten Gebäudes zustande, sondern durch die Erfahrung einer zeitlichen Dimension und durch die Art und Weise, wie solche Orte bewohnt werden. Wenn wir, in unserer eigenen Kultur, einen Wohnraum betreten, wissen wir schon vorher, ob es sich  um ein suburbanes Einfamilienhaus handelt, oder um ein "offenes" Loft ; wir wissen ebenfalls, welche Art des "Bewohnens" wir vorfinden werden : eine "prozessuale" Anordnung um einen zeitlichen Gebrauch der Räume herum,  und eine zeitliche wie auch räumliche Ordnung dort stattfindender institutioneller Rituale. Doch lässt sich möglicherweise die zeitliche Dimension von Architektur am Besten über die Wechselbeziehung dieser beiden zeitlichen Anordnungen - der Zeitlichkeit physischer Abfolge und institutioneller Praxis - beschreiben.


II

Mein Argument wird lauten, dass die Art und Weise, wie  menschliche Subjekte durch einen institutionellen Raum konstituiert und verwaltet werden, ein produktiverer Ansatz im Diskurs über narrative Architektur sein kann. [9]

Tatsächlich ist jeder gestaltete Raum auch ein institutioneller Raum. [10] Ideologien üben ihre Macht vorrangig über Institutionen aus. Es liegt im natürlichen Interesse der diese Ideologien repräsentierenden Institutionen (und konventioneller Narrationen, wie Barthes bemerkt hat), stabile Zustände herstellen zu wollen, oder zumindest den Eindruck von Stabilität zu erwecken. Und wie Erzählungen auch, sind sowohl Institutionen wie auch Ideologien Konstruktionen, die weder natürlich noch universell oder zeitlos sind, sondern im Gegenteil künstliche Gebilde darstellen, die innerhalb veränderlicher historischer Bedingungen und durch diskontinuierliche Serien von Auswirkungen innerhalb eines Feldes von Fähigkeit und Unfähigkeit zustande kommen. "Die Funktion der Ideologie," schreibt Slavoj Zizek, "besteht nicht darin, einen Fluchtpunkt aus unserer Realität darzustellen, sondern uns die soziale Realität selbst als Fluchtmöglichkeit vor einem traumatischen, realen Kern anzubieten."  Es sind die Inkonsistenz und die Brüchigkeit des sozialen Feldes selbst, die Unmöglichkeit eines nahtlosen Übergangs, dessen Leerstellen und Schlupflöcher, welche die Ideologie zu verschleiern, zu maskieren, zu verbergen versucht. [11]   Genau auf dieser Ebene des Subjekts, des institutionellen Programms, des Gebäudes, des Ortes und so weiter, können bestimmte kritische architektonische Narrationen entstehen.

Das institutionelle Programm ist die professionelle Maske der Architektur im Dienste der Ideologien. Allgemein lässt sich sagen, dass die Aufmerksamkeit der ArchitekturhistorikerInnen und -kritikerInnen sich nicht allzu sehr auf die an  vorhandenen institutionellen Architekturen sichtbar werdenden ideologischen und sozialen Verschiebungen konzentriert, sondern diese zu Gunsten formaler Analysen vernachlässigt werden. Dennoch ist es schwierig, die Veränderungen nachzuvollziehen, denen beispielsweise der traditionelle Wohnraum westlicher Prägung unterworfen war, der sich von einem unspezifizierten Raumgefüge aus der Zeit vor dem 18. Jahrhundert später in eine Folge von spezialisierten Räumen verwandelte, wenn man diese Veränderung nicht in ihrem Verhältnis zur Geschichte häuslicher Rituale und Praktikenliest, und zu den Verschiebungen in den Konzepten von Familie, Geschlechterverhältnissen, Privatsphäre, und Hygiene; der Platz des Kindes ( sowie der Bediensteten, und der Personen, die nicht der Familie angehören) innerhalb des Hauses, die Beziehung der Familie zum gesellschaftlichen Außenraum, Klassenverhältnisse, und natürlich der partielle Transfer von Erziehung und Morallehre aus der religiösen in die säkulare und familiäre Domäne. [12]

So können zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts auch eine Reihe von Entwicklungen im häuslichen, institutionellen und urbanen Bereich auf das Bedürfnis des Staates zurückgeführt werden, den sozialen Raum zu überwachen und zu organisieren ( Kontrolle des Sozialkörpers ): dies geschah unter dem Vorwand hygienischer Maßnahmen. Neben der offiziellen Begründung umfassten diese Hygieneprogramme "Überwachung, Analyse, Intervention und Modifikation" von Bevölkerungsgruppen einerseits, um noch präzisere, adäquatere Kontrollmechanismen innerhalb der Gesellschaft installieren zu können, andererseits dienten sie auch als Mittel zur Instandhaltung arbeitsfähiger Körper. [13]

Dennoch gibt es Momente, in denen scheinbar widersprüchliche Ideologien eine Verbindung eingehen. Foucault hat auf einen solchen Moment hingewiesen, der eintrat, als sich die Revolutionäre der Französischen Revolution Jeremy Benthams Panopticon-Projekt als  ein Modell aneigneten, welches der Gesellschaft zu größerer Transparenz verhelfen sollte. Diesen Glauben verbanden sie mit Rousseaus Vision von einer vollständig ungehinderten kollektiven Kommunikation, durch welche die Dunkelheit ausgelöscht werden würde, welche Ungerechtigkeit und Unglück hervorbrachte. [14]

Doch auch bei Rousseau wird schon vollkommen deutlich, dass diese Transparenz nicht gerecht verteilt sein wird: Rousseaus Sehnsucht war es, dass Menschen einander gegenseitig ungehindert in die Herzen sehen könnten. Dies war für ihn keine Angelegenheit der Beseitigung sozialer Unterschiede, sondern vielmehr eine Methode, der sozialen Brüderlichkeit Sinn zu verleihen, um so letztendlich doch das existierende soziale Gefüge aufrechtzuerhalten. [15]

Diese Widersprüche innerhalb von und zwischen Ideologien wurden an der architektonischen Form des Panopticons sichtbar. Das Panopticon selbst ist nicht ausschließlich  ein Gefängnis (es kann auch Fabrik, Krankenhaus oder Schule sein), und so stellt es auch keinen speziellen Bautypus dar. Das Panopticon ist ein System, das ein Instrument zur Kontrolle des Sichtbaren und des Unsichtbaren, von Körpern und Macht darstellt. Das Panopticon symbolisiert Transparenz in der Architektur, und es formiert sich um Organisationsmethoden. Es dient der Illumination von Dunkelheiten und andererseits deren Bewahrung, es stellt ein Modell effizienter Kommunikation und produktiver Arbeit dar, und es unterstützt, so scheint es, die Aufrechterhaltung von physischer und moralischer "Gesundheit" des sozialen Körpers. Diese Themen werden wiederkehren: wir begegnen ihnen in der sozialhygienischen Bewegung, im Taylorismus und in Formen des wissenschaftlichem Managements, die man am Arbeitsplatz und im häuslichen Bereich antrifft, [16] und auch innerhalb verschiedenster urbaner Entwürfe und architektonischer Polemiken der Moderne. [17]

Das, was sich häufig als progressive Reform oder Demokratisierung der sozialen Gesundheit darstellt, verbirgt in seinem Inneren in Wirklichkeit Verwaltungs- und Überwachungstechnologien entweder als Mittel, oder als Zweck. [18]

Einer jüngsten Manifestation dieser instrumentalisierten Transparenz begegnet man im sogenannten "open office" - System (das ebenfalls ein Verwaltungsinstrument darstellt), in welchem eine Verschiebung weg von früheren Formen räumlicher Repression, wie Hierarchisierung und Aufgliederung der Subjekte in der Büroumgebung, hin zu schlicht und einfach anderen Formen der Hierarchisierung und Zersplitterung führt. Darüberhinaus lässt sich eine Einschränkung der Privatsphäre feststellen, die parallel zu einer erhöhten Effizienz von  institutionellem Management und Überwachung auftritt. [19]


III

Trotzdem sollte deutlich werden, dass auch die Architektur menschliches Verhalten nicht völlig kontrollieren kann. Die Architektur trägt in einer bestimmten Form zur Verwaltung der Subjekte bei, da ihre eigene Struktur in vieler Hinsicht der Struktur der Programme und Institutionen gleicht, die sie selbst beherbergt. Dies lässt sich zum Beispiel an Organisationsformen, an Hierarchisierung und Systematisierung von Ordnung, Aktivität, Verhalten, Bewegung und Sichtbarkeit ablesen. Man könnte untersuchen, wie diese bis zur Irrationalität obsessive Rationalität von Architektur und Institution den Arbeitsraum durchdringt: von feststehenden architektonischen Struktursystemen über die hierarchische räumliche Aufteilung der Subjekte ( Manager, Mitarbeiter und Besucher),  zu standardisierten Bewegungsabläufen der Büroroutinen (unter den strikten Bedingungen der ergonomischen Wissenschaften) bis zu Gliederung und Aufteilung von Objekten  und Subjekten in Form von verschiedensten Ablagesystemen.

Diese Systeme zeigen die "Kapillarbewegungen", die Foucault als "Mikrotechnologien der Macht" bezeichnet, als die "Zirkulation der Effekte von Macht durch immer feinere Kanäle, die schließlich zum Individuum selbst führen,  zu den Körpern, den Gesten und den alltäglichen Verrichtungen." [20]

So verhält es sich mit der Architektur, die als, aber auch unter Autorität funktioniert. Architektur strukturiert Institutionen, wird im Gegenzug aber selbst von Institutionen geprägt. [21]

In unserer "postmodernen" Zeit stellt es eine geläufige Wahrheit dar, dass verschiedene Programme am selben Ort residieren können, da sie vom architektonischen Raum vollkommen unabhängig sind. Was diese Austauschbarkeit von Ort und Organisation aber in Wirklichkeit erst ermöglicht, ist die Ähnlichkeit, und nicht die Verschiedenheit, institutioneller  und architektonischer Strukturen.

Aus all diesen Ausführungen sollte auch deutlich hervorgehen, dass das Spiel der Ideologien innerhalb architektonischer Formen so komplex ist, dass es sinnlos erscheint, ein Gebäude als Reflexion und Abbild einer einheitlichen Ideologie wahrnehmen zu wollen (selbst wenn diesem Anspruch in einem Designprojekt oder in Form einer gebauten Struktur Genüge getan werden soll).

Die konzeptuellen Leerstellen und auch die zeitlichen Verzögerungen zwischen Ideologien  und gebauten Formen entsprechen den Abständen und Differenzen zwischen Ideologien und materiellen Bedingungen. [22] Um dieses ideologische Drama überhaupt verfolgen zu können, müsste man - nach Manfredo Tafuri - untersuchen, wie ein Objekt "in Hinblick auf die Welt Kompromisse eingeht, und unter welchen Bedingungen es existiert", welche Bedingungen also sein Verhältnis zu Produktion und Konsumption bestimmen. [23]

Ebenso sinnlos wäre der Versuch, sich vorstellen zu wollen, dass irgendein beliebiges architektonisches Unternehmen entweder in Form von Analyse oder  Darstellung, auf einen Plan reduziert werden könnte, auf ein gesamtheitliches Diagramm formaler, psychologischer und sozialer Verhältnisse, das alle sich jeweils  im Spiel befindlichen Kräfte darstellen könnte.

Die Konvergenzen der Diskurse und Ökonomien am Punkt der Überschneidung von Subjekt, Raum, Ort und Programm bieten eine Gelegenheit, nicht den ultimativen Wahrheitswert von "Ort" und "Programm" wieder zu errichten, sondern jede einzelne dieser Kräfte gegen sich selbst, gegen die anderen und gegen das gesamte Projekt zu richten. Die Nostalgie, die man häufig in zeitgenössischen Formen des "Kontextualismus" vorfindet, kann untersucht werden, indem vergangene oder gegenwärtige Aspekte des Kontexts verwendet werden, um gleichzeitig einerseits das Objekt durch den Ort, und den Ort durch das Subjekt zu problematisieren. Auch die naiven Problemlösungsansätze eines aus den Sechzigerjahren stammenden behavioristischen Modells können auf ähnliche Weise hinterfragt werden, indem das Programm auf architektonische Weise eingesetzt wird, um bestimmte institutionelle Praktiken in Frage zu stellen. Auf alle Fälle wird jede Art der Darstellung dieser Kräfte immer nur eine von vielen möglichen Repräsentationsformen darstellen.


IV

Ich habe nun verschiedene Möglichkeiten dargelegt, auf welche Weisen innerhalb des institutionellen Raumes Objekte konstituiert und verwaltet werden können. Um zu demonstrieren, wie weitreichend und durchdringend diese Strukturen und Mechanismen sind, wird es erstens notwendig sein zu untersuchen, in welcher Form diese in ein verdrängtes architektonisches Bewusstsein eingebettet sind und zweitens, wie die Erforschung dieses architektonischen Unbewussten bestimmte Differenzen und Widersprüchlichkeiten im sozialen Feld ans Tageslicht bringt, aus denen wiederum kritische Narrationen  und Strategien entstehen können. 

Wie das soziale Feld auch ist das architektonische Projekt niemals ohne Divergenzen, Lücken, und Überreste, die weder untergebracht noch institutionalisiert oder verschleiert werden können. Man könnte fast sagen, dass eine Definition von Architektur lauten könnte : die Verwaltung dessen, was verborgen und was nicht verborgen werden kann. Unter diesem Aspekt könnte man nun von vielen Dingen sprechen, die sich einfach nicht verbergen lassen : anomale Verhaltensweisen, Sexualität, bestimmte Gerüche [24] , häusliche Gewalt (im weitesten Sinn), soziale Randgruppen, und so weiter - sowie auch soziale und institutionelle Ideologien und Mechanismen, die versuchen, die Sichtbarkeit ihrer eigenen, sowie anderen Praktiken zu regeln.   

Und genau deshalb, weil alles, was verborgen bleiben soll, immer wieder erscheint, muss es durch die konstante Präsentation bestimmter Konventionen architektonischer Ordnungen und Gebräuche verwaltet werden. [25]

Das Unheimliche ist der Begriff, der auf etwas, "das nicht im Verborgenen bleibt", hindeutet. Wie einige AutorInnen angemerkt haben, zeigt Sigmund Freud in dem Essay "Das Unheimliche" sein Erstaunen über das seltsame Zusammenspiel der Bedeutung zweier verschiedener Worte, die eigentlich völlig verschiedene Inhalte bezeichnen: heimlich(das Heim, das Bewahrende), und unheimlich (eben das Un-Heimliche). Zu Beginn des Essays schreibt Freud, dass  "das deutsche Wort  unheimlich offenbar den Gegensatz zu heimlich, heimisch, vertraut", also zu "bekannt", "angestammt", "zum Hause gehörig" bildet, und dass es naheliegend sei, " es sei etwas eben darum schreckhaft, weil es nicht bekannt und vertraut ist." 

Im Verlauf dieses Textes wird jedoch noch eine weitere Bedeutung des Begriffs heimlich auf-gedeckt:

"... versteckt, verborgen gehalten, so daß man andere nicht davon oder darum wissen lassen, es  ihnen verbergen will, ... sich heimlich benehmen, als ob es etwas zu verbergen gäbe ... heimliche Orte (die wir wegen unserer guten Manieren verbergen müssen). (...)

Wenn dies wirklich die geheime Natur des Unheimlichen ist, so verstehen wir, daß der Sprachgebrauch das Heimliche in seinen Gegensatz, das Unheimliche übergehen läßt, denn dies Unheimliche ist wirklich nichts Neues oder Fremdes, sondern etwas dem Seelenleben von alters her Vertrautes, das ihm nur durch den Prozess der Verdrängung entfremdet worden ist. Die Beziehung auf die Verdrängung erhellt uns jetzt auch die Schellingsche Definition, das Unheimliche sei etwas, was im Verborgenen hätte bleiben sollen und hervorgetreten ist. "

Es ist genau im Sinne dieser Auffassung, dass Friedrich Schellings treffende Definition

des Unheimlichen als die Bezeichnung für alles, " was im Verborgenen hätte bleiben sollen und hervorgetreten ist ", nun bei Freud tatsächlich evident wird. Das Unheimliche ist weit davon entfernt, das Gegenteil, die Außenseite des Heimlichen zu sein: vielmehr ist das Unheimliche das eigentlich Heimliche, das Innere, das Behagliche, das als das Unbehagliche zurückkehrt. [26]

Ich möchte diese bereits bekannte Ausführung nun weiterführen. Zuerst einmal muss angemerkt werden, dass nicht nur im Deutschen das Wort, das sich auf das Heim, das Zuhause bezieht, eine unheimliche Bedeutung an den Tag legt. Zum Beispiel geht das englische Verb  to dwell (verweilen, leben, wohnen)  auf das mittelenglische Wort dwellen zurück, das wieder aus dem Altenglischen dwellanabgeleitet wird, das "in die Irre führen, behindern, aufhalten" bedeutet.  Es besteht auch eine Nähe zum mittel-niederländischen dwellen, das "jemanden fassunglos machen, verblüffen" bedeutet,  wie auch zum Althochdeutschen twellan, und dem Altnorwegischen dvelja : " verschieben, betrügen". All diese Verben gehen auf den indoeuropäischen Wortstamm dh(e)wel zurück, der mit "irreführen, täuschen, betrügen, betäuben" übersetzt wird. [27]

Bei dem madegassischen Stamm der Sakalava, wo "niemand einem anderen Eintritt in sein Haus verwehrt, es sei denn, dieser würde etwas horten oder verbergen", bedeutet das Wort mody sowohl "zu Hause" oder "nach Hause", aber auch "vorgeben, jemand anderer zu sein".  [28]

Genau diese unheimlichen Konnotationen von "Behausung"  verdrängte  Martin Heidegger in seinem späten Essay  "Bauen Wohnen Denken"  in den etymologischen Ableitungen aus dem Altenglischen und Hochdeutschen zu Gunsten von heimlicheren Bedeutungen. Unter diesem Gesichtspunkt ist es interessant, auf eine  von Heideggers bekanntesten Aussagen zurückzukommen: " Die Sprache ist das Haus des Seins. In ihrer Behausung wohnt der Mensch." [29]   Heidegger schreibt, dass eines unserer höchsten Ziele darin bestehen sollte, " das Wohnen in das Volle seines Wesens zu bringen " [30] , während er gleichzeitig nicht bemerkt, dass diese Erfüllung, diese Fülle beides beinhaltet, sowohl das Heimliche wie auch das Unheimliche. Eine solche Nachlässigkeit in Anerkennung dieses Umstandes führt laut Freud dazu, dass das Unheimliche zurückkehrt.

Die unheimlichen Konnotationen von "bewohnen" suggerieren eine Rückkehr des Unheimlichen eben durch genau jenes, das in der  Architektur etabliert und bekannt scheint. Die fundamentale Konstitution der Architektur hat, in Zizeks Worten, "einen traumatischen, realen Kern". Ich beziehe mich auf Umstände, die kein besonderes Merkmal westlicher Kultur darstellen, sondern, wie der Anthropologe Peter J. Wilson schreibt, allen Kulturen gemeinsam sind, die in dauerhaften Behausungen leben:

"Als die Menschen Sesshaftigkeit und Domestikation zu dauerhaften Einrichtungen ihres Lebens machten, wirkte sich dies nicht unmittelbar auf ihre Aggression- und Sexualtriebe aus, sondern auf die Bedingungen der Aufmerksamkeit. Dies bedeutete, dass die neuen Umstände die sensorische Fähigkeit der Menschen,  diese Triebe zu beobachten, zu stimulieren und zu beherrschen erschwerte. Das Leben in geschlossenen Räumen wirkte sich auf die verschiedensten Aspekte der Aufmerksamkeit aus, und die Menschen, die dieser Beinträchtigung ausgesetzte sind, reagierten auf diesen Umstand, indem sie ihre Aufmerksamkeit entweder spezialisierten, indem sie Überwachungs-, Beobachtungs und Kontrollmethoden entwickelten, und durch Anwendung von "Kriegslisten", wie die des Ausweichens oder des Zur-Schau-Stellens." [31]

Einerseits ist die Architektur daran beteiligt, solche Ausweichtechniken zu entwickeln, andererseits verleugnet sie die Anerkennung der Rolle, die sie selbst in diesem Prozess spielt. Das Trauma der Architektur besteht genau aus diesem "Ausweichen", hier liegt der "antagonistische Kern", der verhindert, dass das architektonische Feld zu einer Auflösung, zu einem Abschluss gelangt. [32]

Daher ist es nicht sehr überraschend, dass uns die Sprache die Unheimlichkeit des Wohnens wieder anvertraut: dieses Doppelspiel, diese doppelte Unterschlagung. Und es sollte uns auch nicht überraschen, dass die Mechanismen und Konventionen, von denen das Trauma der Unheimlichkeit verdeckt wird, selbst wieder versuchen, als verdrängte Reste im Verborgenen zu verharren, damit sie so natürlich, stabil und unveränderlich wirken wie die von ihnen verhüllten Ideologien.

Ich werde zu bedenken geben, dass die Art, wie Subjekte durch bestimmte Typen, oder vielmehr Stereotypen institutioneller Räume, das heißt also, durch den Zwang zur nicht hinterfragten Wiederholung dieser Stereotypen, konstituiert und verwaltet werden, eine der Weisen darstellt, wie das Unheimliche in die Architektur zurückkehrt. Peter Brooks schreibt: "Die Wiederholung stellt eine Form von Erinnerung dar, die auftritt, wenn der Vorgang des Erinnerns in einem intellektuellen Sinn durch Verdrängung und Widerstand blockiert wird." [33]   Nicht die Vergangenheit als solche wird als eine Vergangenheit erinnert, die sich auch tatsächlich selbst angehört, "etwas, das zur Vergangenheit gehört ... in einem gebundenen Zustand", [34] sondern in der Wiederholung tritt verdrängtes  Material zu Tage, das als aktive Kraft in die Gegenwart zurückgerufen wird, und so als Verteidigungsmechanismus gegen eine direkte Konfrontation mit komplexen und potentiell gefährlichen psychologischen Verhältnissen eingesetzt wird. Die Architektur verliert sich zum größten Teil in der unbewussten Wiederholung von Stereotypen des Wohnhauses, der Arbeitsumgebung, des Museums, des Krankenhauses, der Bibliothek und so weiter. Dies geschieht in einem solchen Ausmaß, dass nur wenige Architekten Interesse  an einer Neubewertung fundamentaler Voraussetzungen haben, die dem konventionellen architektonischen Programm implizit sind.  (Wie Freud bemerkt, " Der Analysierte (gibt) sich dem Zwange zur Wiederholung, der nun den Impuls zur Erinnerung ersetzt, (...) hin. " ) . [35]

Unabhängig von der Konfiguration, die sich von Kultur zu Kultur anders darstellt und auch innerhalb der jeweiligen Kultur über Zeiträume hinweg formale Verschiebungen aufweist, beruhen die grundlegenden Funktionen institutioneller Stereotypen doch auf Verwaltungsmechanismen, durch welche die "richtigen" sozialen und psychologischen Verhältnisse stabilisiert werden, und auch auf Abwehrmechanismen, die das Gefüge vor potenziell gefährlichen sozialen und psychologischen Verhältnissen schützen sollen, also vor all jenem, das verborgen und geheim bleiben muss.

Laut Georges Bataille ist die Architektur Ausdruck der Seele einer Gesellschaft, doch " nur das Ideal der Seele einer Gesellschaft, das, was über die Autorität verfügt zu befehlen und zu verbieten, wird genau genommen in den architektonischen Kompositionen ausgedrückt. So werden große Monumente wie Bollwerke errichtet, die allen störenden Elementen die Logik und Erhabenheit der Autorität entgegensetzen: In Form der Kathedrale oder des Palastes spricht die KIRCHE bzw. der STAAT zu den Massen und erlegt ihnen Schweigen auf." [36]

Das konservative Bestreben der "Wiedererinnerung"  in der architektonischen Disziplin, das längst vergangene formale, typologische und institutionelle Modelle unter dem Vorwand  wiederholt, dass diese uns Sicherheit und Heimeligkeit geben würden, ist nur der vordergründigste, sichtbarste Ausdruck einer Tendenz, in der sich dieser weitverbreitete Zwang zur Wiederholung manifestiert.

Dieses Bestreben gleicht einem anderen:  dem häufigen Ruf nach Regeln und Maßstäben, dem Anspruch auf Kennerschaft als Schutz gegen eine kritische Untersuchung des klassischen Kanons. Solch offensichtliche Bedürfnisse nach "Erinnerung" beinhalten,  wie das auch bei der Zwangs- neurose der Fall ist, eine Art von "Vergessen", das  "sich meist auf die Auflösung von Zusammenhängen, Verkennung von Abfolgen, Isolierung von Erinnerungen" beschränkt. [37]

Der Prozess der Absonderung bestimmter Erinnerungen findet sich in der Architektur buchstäblich als  Vorgang der Isolation von Elementen, institutionellen Formen, Typologien, und Stilen aus der Vergangenheit - in einem Versuch, die Vergangenheit zurückzubringen, und die Erinnerung als etwas Angenehmes, "Heimeliges" zu wiederholen. Jacques Lacan beobachtet jedoch in diesem Zusammenhang, dass das Objekt nicht wiederherstellbar ist: was wieder in Erinnerung gerufen wird, ist niemals das Objekt selbst. "Das Objekt wird angetroffen und strukturiert sich auf dem Wege einer Wiederholung – das Objekt wiederfinden, das Objekt wiederholen. Bloß ist es nie das gleiche Objekt, das das Subjekt antrifft. Anders gesagt, es hört nicht auf, Ersatzobjekte zu erzeugen." [38]

Eben weil die Vergangenheit nicht wiederhergestellt und nur in Form von Ersatzobjekten, die an ihrer Stelle generiert werden, wieder erlebt werden kann, und weil darüber hinaus echtes Erinnern nicht nur eine Erinnerung an Formen bedeutet, sondern an deren verdrängte Bedeutung, ist es natürlich genau dieses verdrängte Trauma, welches durch die Wiederholung wieder hervorgerufen wird. [39] Also besteht die signifikanteste Wiederholung, die von jenen Rufen nach "Erinnerung" maskiert wird, in einem Verhalten, das den Widerstand gegen eine kritische Analyse als Abwehrmechanismus ausdrückt.

Freud schreibt:  "Die entscheidende Tatsache ist, nämlich, daß die Abwehrmechanismen gegen einstige Gefahren in der Kur als Widerstände gegen die Heilung wiederkehren. Es läuft darauf hinaus, daß die Heilung selbst vom Ich wie eine neue Gefahr behandelt wird. ... Der Analytiker ist jetzt für den Patienten nur ein fremder Mensch, der unangenehme Zumutungen an ihn stellt, und er benimmt sich gegen ihn ganz wie ein Kind, das den Fremden nicht mag und ihm nichts glaubt. Versucht der Analytiker, dem Patienten eine der in der Abwehr vorgenommenen Entstellungen aufzuzeigen und sie zu korrigieren, so findet er ihn verständnislos und unzugänglich für gute Argumente. So gibt es wirklich einen Widerstand gegen die Aufdeckung von Widerständen und die Abwehrmechanismen verdienen wirklich den Namen, mit dem wir sie anfänglich bezeichnet habenm ehe sie genauer erforscht wurden; es sind Widerstände nicht nur gegen die Bewußtmachung der Es-Inhalte, sondern auch gegen die Analyse überhaupt und somit gegen die Heilung." [40]


V

Im Rahmen der Erörterung von Abwehr- und Verteidigungsmechanismen stellt Freud fest, dass diese

damit zu "Infantilismen" werden, sie "teilen das Schicksal so vieler Institutionen, die sich über die Zeit ihrer Brauchbarkeit hinaus zu erhalten streben.".Er setzt diesen Absatz mit einem Zitat aus Goethes Faustfort, in dem die potenziellen Gefahren zusammengefasst werden, die Abwehrmechanismen und Institutionen miteinander gemeinsam haben : "Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage." [41]

Weder kann man der grundlegenden institutionellen noch der grundlegenden ideologischen Struktur entkommen. Es ist jedoch möglich, die Fähigkeiten zur Wahrnehmung und Untersuchung institutioneller Strukturen stetig weiter zu entwickeln und in ein Instrumentarium zu verwandeln, das die Bedingungen enthüllen kann, die dazu führen, dass Vernunft Unsinn wird und Wohltat eine Plage. Indem wir unsere Institutionen diesen Fragen öffnen, enthüllen wir auch deren artifizielle und deshalb veränderbare Konstruktion. Schon Bertolt Brecht, dessen Arbeit auf der Sichtbarmachung des instabilen Charakters dessen, was sich als vertraut und unveränderlich darstellt, basiert,  hat  über die Schwierigkeiten geschrieben, auf die man stößt, will man den repetitiven Kreislauf der Gesellschaft unterbrechen :

"Das lange nicht Geänderte nämlich scheint unänderbar. Allenthalben treffen wir auf etwas, das zu selbstverständlich ist, als daß wir uns bemühen müßten, es zu verstehen. Was sie miteinander erleben, scheint den Menschen das gegebene menschliche Erleben. Das Kind, lebend in der Welt der Greise, lernt, wie es dort  zugeht. Wie die Dinge eben laufen, so werden sie ihm geläufig. Ist einer kühn genug, etwas nebenhinaus zu wünschen, wünschte er es sich nur als Ausnahme. Selbst wenn er, was die "Vorsehung" über ihn verhängt, als das erkennte, was die Gesellschaft für ihn vorgesehen hat, müßte ihm die Gesellschaft, diese mächtige Sammlung von Wesen seinesgleichen, wie ein Ganzes, das größer ist als die Summer seiner Teile, ganz unbeeinflußbar vorkommen - und dennoch wäre das Unbeeinflußbare ihm vertraut, und wer mißtraut dem, was ihm vertraut ist ? ". [42]

Die Konventionen als Repräsentanten dessen, "das lange nicht verändert wurde", blockieren sowohl Bewusstsein wie auch potenzielle Veränderung. "Der Kranke," schreibt Freud, " holt aus dem Arsenale der Vergangenheit die Waffen hervor, mit denen er sich der Fortsetzung der Kur erwehrt, und die wir ihm Stück für Stück entwinden müssen." [43]

Durch welche Mittel kann man dem Patienten die Verteidigung seiner Vergangenheit "entwinden"? So zu tun, als ob diese nicht existierten, sie zu ignorieren wäre natürlich sinnlos. So paradox dies zuerst auch erscheinen mag, das Verfahren besteht darin, genau diesen Zwang zur Wiederholung gegen ihn selbst zu verwenden, indem man ihm gestattet, sich in seiner Hauptform  darzustellen, nämlich als Widerstand gegen die Untersuchung selbst, und gegen den Fortschritt, den die Analyse macht. "Wir machen ihn unschädlich, ja vielmehr nutzbar, indem wir ihm sein Recht einräumen, ihn auf einem bestimmten Gebiete gewähren lassen. Wir eröffnen ihm die Übertragung als den Tummelplatz, auf dem ihm gestattet wird, sich in fast völliger Freiheit zu entfalten, und auferlegt ist, uns alles vorzuführen, was sich an pathogenen Trieben im Seelenleben des Analysierten verborgen hat. (...) Erst auf der Höhe desselben findet man dann in gemeinsamer Arbeit mit dem Analysierten die verdrängten Triebregungen auf, welche den Widerstand speisen und von deren Existenz und Mächtigkeit sich der Patient durch solches Erleben überzeugt." [44]


Brooks beobachtet Folgendes:

"Die Wiederholung steht der Analyse im Weg, denn der Analysand muss früher oder später den Versuch aufgeben, die Vergangenheit und die grundlegende Dynamik der Therapie zu reproduzieren. Nur durch eine symbolische Darstellung in der Gegenwart kann die Geschichte vergangener Triebwünsche, deren Objekte und Erfüllungsszenarios sichtbar werden und sich im gegenwärtigen Diskurs manifestieren ... Der erzählerische Diskurs muss, dem Diskurs der Analyse gleich, die Geschichte des vergangenen Begehrens wiederinszenieren und die Belastungen aufzeigen, den diese auf die Gegenwart ausübt ... Es geht also nicht so sehr um die Geschichte der Vergangenheit, zumindest nicht unmittelbar um diese Geschichte, sondern um den gegenwärtigen narrativen Diskurs.  Es ist ein Raum des Dialogs, des Kampfes, der Konstruktion." [45]

Die Wiederinszenierung einer vergangenen Geschichte des Triebwunsches als Konstruktion erfordert eine Methode, die fähig ist, sich selbst von der Vergangenheit soweit zu distanzieren, dass sie diese als Konstruktion anerkennen kann, und deshalb nicht mehr dem Zwang zur Wiederholung unterliegt. Wie Brecht schon schreibt, behandelt eine solche Methode " (...) um auf die Beweglichkeit der Gesellschaft zu kommen, die gesellschaftlichen Zustände als Prozesse und verfolgt diese in ihrer Widersprüchlichkeit. Ihr existiert alles nur, indem es sich wandelt, also in Uneinigkeit mit sich selbst ist. "[46]

Um diese Distanz aber herzustellen ist es notwendig, die Vergangenheit zu "verfremden". Bei Brecht findet man dies als eine Strategie, die er selbst "Verfremdungseffekt" nannte.

"Eine verfremdende Abbildung ist eine solche, die den Gegenstand zwar erkennen, ihn aber doch zugleich fremd erscheinen läßt. (...) Die neuen Verfremdungen sollten nur den gesellschaftlich beeinflußbaren Vorgängen den Stempel des Vertrauten wegnehmen, der sie heute vor dem Eingriff bewahrt. " [47]

Wie auch  im psychoanalytischen Modell beinhaltet dies einen zweifachen Prozess, eine Re-Inszenierung, eine Arbeit an der Vergangenheit, am Verdrängenden, und am Verdrängten. Innerhalb dieses Prozesses muss es trotzdem eine Abweichung, eine Distanzierung von jeder direkten Wiederholung geben, damit Raum für die Analyse und für eine potenziell andersartige Konstruktion geschaffen wird. Es geht nicht darum, die restriktive Nostalgie der Erinnerung zu reproduzieren, sondern die kritischen Bedingungen für eine Gegen-Erinnerung zu erzeugen. [48]

An einer früheren Stelle habe ich erwähnt, dass es möglich wäre, eine Architektur zu entwickeln, die ihr kritisch-produktives Potential durch das Freilegen, Kritisieren, Problematisieren und Wiederaufnehmen bestimmter in der Architektur bereits enthaltener verdrängter Erzählungen entfalten könnte. Eine solche Architektur könnte, anstatt die Orte ideologischer und psychologischer Saturation zu vermeiden, gerade jenen Stellen  etwas von ihrer Sättigung entziehen. Diese Methode bringt vieles ans Licht und thematisiert die Obsessivität und Irrationalität, die dem "Normalen" und "Rationalen" innewohnen; möglicherweise werden all die pathogenen Impulse sichtbar, die um die repressive Verdopplung der Behausung zirkulieren. Man könnte diese Art von Behausung, von Lebensraum in Wilsons Worten beschreiben (die hochentwickelten Techniken und Listen der Überwachungssysteme, Strategien der Beobachtung, Verleugnung und Darstellung), oder durch die von mir vorgeschlagenen, etwas allgemeineren Begriffe : also die Organisation, Hierarchisierung und Systematisierung institutioneller Praxen.

Die mit diesen Themen befassten architektonischen Verfahrensweisen entstehen nicht nur in den traditionellen Sphären der ArchitektInnen ( Räume, Wände, Fenster, Türen und so weiter ), sondern auch auf der Ebene dessen, was ich als das "Sub-Architektonische" bezeichne. Genau auf dieser Ebene von Schreibtisch, Ablagesystem, oder Haushaltsschrank haben diese Techniken einen  unmittelbaren, wenn nicht den unmittelbarsten Einfluss auf die Strukturierung institutioneller Ideologien, und trotzdem überlassen die ArchitektInnen genau diese Dinge  den Herstellerkatalogen oder den Wünschen anderer.  Selbst wenn es um die Aufgabe geht, beispielsweise einen Empfangstisch zu entwerfen, würden die meisten ArchitektInnen dessen offensichtliche soziale und psychologische Implikationen verdrängen. Da dieser Empfangstisch durch und durch von einer libidinösen und ideologischen Ökonomie durchdrungen ist, wird er so zum Beispiel eines institutionellen Begehrens im weitesten Sinne, als Kontrollapparat, als Ort von Empfang und Ausschluss, als impliziter Teil und als Rahmenbedingung einer allgegenwärtigen Geschlechts-  und Klassen-Stereotypisierung des Jobs der "Empfangsdame". Natürlich nehmen ArchitektInnen Institutionen wahr; im Gegenteil, manchmal wird von den Räumen bis zu den Möbeln alles maßgeschneidert. Und trotzdem widmen sie ihre größte Aufmerksamkeit der dekorativen Gestaltung von Lobbies und Direktionsbüros, anstatt diese Orte neu zu entwerfen, und sie mit standardisierten Objekten trotzdem auf  kritische Weise zu bespielen.


VI

Die Grenzen kritischer narrativer Strategien zeigen sich, sobald  diese Strategien selbst wiederum zu Einbildung und Prätention, zu einer weiteren Methode für ArchitektInnen werden, Interesse an Themen zu heucheln, die außerhalb des Formalen liegen. Es hat wenig Wert, in einem Projekt bloß die eine oder andere Andeutung in eine Richtung zu machen, oder Strategien zu benützen, um damit ästhetische Objekte zu tarnen. Es ist entscheidend, dass es nicht nur um eine zufällige oder sporadische Behandlung von Belangen geht, die konzeptuell oder auch politisch gerade aktuell sind, sondern vielmehr handelt es sich um einen kritischen Akt von Selektion, Verarbeitung und Aufarbeitung des gesamten architektonischen Projektes, wodurch das Objekt weder zusätzlich mystifiziert, noch zu einem bloßen Diagramm sozialer Kräfteverhältnisse reduziert wird.

Das bedeutet natürlich, dass ArchitektInnen mit Formen experimentieren müssen: ein Thema, das - wie andere psychologische und soziale Kräfte auch - erforscht und problematisiert werden muss, und so innerhalb einer narrativen Operation ähnlichen  Untersuchungen  und Disjunktionen unterworfen ist. Die architektonische Erzählung selbst ist keinesfalls von diesen Untersuchungen und Trennungen ausgenommen, sondern fordert die Anwendung dieser Techniken auf sich selbst, um so die Komplexität und Kontingenz ihrer eigenen Verfahrensweisen sichtbar zu machen.

Natürlich ergibt sich zwischen einem Diskurs, der seine eigenen Bedingungen nicht untersucht,  und einem anderen, der sich durch die Privilegierung eigener Bedingungen selbst auslöscht, ein schwieriges Gleichgewicht, man könnte sagen, hier steht naiver Realismus einer unnachgiebigen Meta-Fiktion gegenüber. Es bleibt also in dieser Hinsicht nichts anderes als der Vorschlag, dass Interventionen, die versuchen, institutionelle Erzählungen freizulegen und zu problematisieren, dies auch hinsichtlich des langweiligen Anspruches auf absolute Rationalität tun, anstatt sie bloß zu reproduzieren.

Interventionen könnten in Wirklichkeit genau aus den Bruchstellen und Residuen dieser Rationalität entstehen : " Etwas, das über das Denkbare hinausgeht und die Möglichkeit eröffnet, 'anders zu denken', bricht durch komische, nicht übereinstimmende oder paradoxe Halböffnungen des Diskurses herein." [49]

Brecht wurde niemals müde hervorzuheben, dass dies auch Vergnügen bereitet: ein Vergnügen, das man empfindet, wenn man erkennt,  "daß die zutage getretenen Regeln in diesem Zusammenleben als vorläufige und unvollkommene behandelt sind." [50] , das Vergnügen an den "Überraschungen der logisch fortschreitenden oder springenden Entwicklung, der Unstabilität aller Zustände, der Witz der Widersprüchlichkeiten und so weiter, das sind Vergnügungen an der Lebendigkeit der Menschen, Dinge und Prozesse, und sie steigern die Lebenskunst sowie die Lebensfreudigkeit." [51]

Wie erfolgreich narrative Strategien auf dem Gebiet des Objektes auch sein mögen, so muss man doch immer noch die Grenzen architektonischer Praxis in Bezug auf soziale Veränderungen anerkennen, und auch die Fähigkeiten einer hegemonialen Kultur, kritische Strategien zu absorbieren. Brecht hat darüber geschrieben: "Das gegen ihn gesprizte Gift verwandelt der Kapitalismus sogleich und laufend in Rauschgift und genießt dieses." [52]

Daher besteht eine ausgesprochene Notwendigkeit der Entwicklung kritischer Strategien  - und dies schließt auch Strategien mit ein, die aus den theoretischen Positionen dieses Essays entstehen könnten - und deren permanenter Re-Evaluierung und Erneuerung.

Nachdem wir nun verschiedene Grenzen des architektonischen Objektes bestimmt haben, halte ich nichtsdestoweniger den Glauben an die Produktivität einer architektonischen Erzählung aufrecht, die sich durch diese Grenzen auch konstituiert. Ich würde daher den Schlussfolgerungen nicht zustimmen, die Tafuri nach vielen Jahren der Analyse der Naivität avantgardistischer utopischer Träume und der bitteren Enttäuschung, die diese progressiven Ideologien hervorriefen, zog "Aber den mystifizierenden Versuchen, die Architektur ideologisch zu überhöhen, ziehen wir immer die Ernsthaftigkeit desjenigen vor, der den Mut aufbringt, von jener schweigenden und inaktuellen 'Reinheit' zu sprechen, selbst dann, wenn diese Reinheit ideologisch inspiriert ist, selbst dann, wenn sie aufgrund ihres Anachronismus pathetisch wird."[53]

Aber was manchen als mutig erscheint, mag für andere Indifferenz darstellen, business as usual.

Auch mit dem Risiko (in Tafuris Worten) "machtlose und unwirksame Mythen zu zerstören - Mythen,

denen sich viele zuwenden wie zu Wunderkräften, die das Überleben anachronistisch gewordener 'Entwurfshoffnungen' gestatten könnten" [54] , würde ich vorschlagen, dass  wir mit unseren mittlerweile etwas niedrigeren "postmodernen" Erwartungen, doch zwischen direkter politischer Aktion und kritischer Repräsentation zu unterscheiden in der Lage sind, und so vielleicht einige Techniken von sowohl Widerstand wie auch Vorschlag in unserem Werk praktizieren können.  Indem wir die unvermeidlichen rhetorischen Seiten unserer Disziplin anerkennen, können wir innerhalb der Einschränkung durch die Praxis ( auf eine Weise, die weder totalisierend und utopisch sein muss, noch versöhnlich und reaktionär) das komplexe Verhältnis zwischen Architektur und sozialer Praxis einer kritischen Untersuchung unterziehen.

 

 

 

Fussnoten:

1Ich beziehe mich auf die Begriffe von 'Anschauung' und  'Praxis', da ich vermeiden möchte, zwei verwandte und doch unter historiographischen Gesichtspunkten verschiedene Ansätze zu vermischen. Bezüglich des ersten Begriffs, siehe Jacques Le Goff, "Mentalities: A History of Ambiguities," in Constructing the Past: Essays in Historical Methodology,Hrsg. Jacques Le Goff und Pierre Nora (Cambridge: Cambridge University Press, 1985), 151-165. Bezüglich des zweiten Begriffs, siehe Michel Foucault, " History of Systems of Thought" in Foucault, Language, Counter-Memory, Practice,Hrsg. Donald F. Bouchard (Ithaca, NY: Cornell University Press, 1977), 199-204 und The Archaeology of Knowledge (New York: Pantheon, 1972). Über das Verhältnis beider Begriffe siehe Lynn Hunt, "French History in the Last Twenty Years: The Rise and Fall of the AnnalesParadigm", Journal of Contemporary History 21 (1986), 209-224 und Peter Burke, The French Historical Revolution:The Annales School 1929-89 (Stanford: Stanford University Press, 1990).

[2] Diese Vielzahl wird zusätzlich noch um einige andere konstitutive Elemente erweitert. Ob es sich um ein neues Projekt handelt, oder um eine Renovierung: das architektonische Werk nimmt seinen Platz innerhalb eines physischen Ortes, und innerhalb seines eigenen Feldes diskursiver Systeme und Ökonomien ein. All diese Kräfte werden durch  die Aufmerksamkeit und die Absicht des Architekten/der Architektin mehr oder weniger bewusst, gefiltert und angereichert : durch die Anzahl der Personen, von denen Gebäude beobachtet und bewohnt werden,  und durch die institutionellen Programme, von denen diese verwaltet werden. Zur  Kollision der verschiedenen Kräfte, durch welche Architektur sich konstituiert, siehe Manfredo Tafuri, "The Historical Project," in The Sphere and the Labyrinth: Avant-Gardes and Architecture from Piranesi to the 1970s (Cambridge: The MIT Press, 1987), 1-21.

[3] Die Unklarheit, die über den Begriff "narrative Architektur" herrscht, wird in dem folgenden Versuch einer Definition veranschaulicht,  die von den Herausgebern des Magazins Oz(das am College of Architecture and Design at Kansas State University erscheint ) in einer diesem Thema gewidmeten Ausgabe aus dem Jahr 1988 so formuliert wurde :

"Viele ArchitektInnen versuchen, mit ihrer Architektur etwas zu sagen, sie versuchen, eine Geschichte zu erzählen. Es gibt eine Vielzahl von Mitteln, die ArchitektInnen anwenden, um ihre eigenen Wertsysteme, Wünsche, Überzeugungen und Sehnsüchte - oder auch die ihrer Klienten - auszudrücken. Oft kommunizieren sie dies durch ein vereinheitlichendes Thema, das durch einen "plot" veranschaulicht wird.  Manche dieser Erzähler unserer Disziplin entscheiden sich dafür, eine ganze Geschichte durch ein einzelnes Gebäude zu erzählen, während andere zusammenhängende "Sagas" verfassen, in denen jedes Bauwerk eine Fortsetzung des vorherigen bildet. Andere wieder spielen, bewusst oder auch unbewusst, auf frühere Arbeiten von Vorbildern an, oder auch auf lebendige Alltagstraditionen. Die Geschichte, die eine ArchitektIn erzählt, kann genauso fesselnd und faszinierend sein wie die einer SchriftstellerIn. Die besten Erzählungen fügen einem Gebäude zusätzliche Bedeutung hinzu und ermutigen die Menschen, sich mit Architektur zu beschäftigen und deren Leistungen schätzen zu lernen. "

4Die Grenzen solcher Positionen werden schnell sichtbar, wenn man zum Beispiel über die Problematik des sogenannten "angemessenen" Charakters eines gegebene institutionellen Typs nachdenkt ( Häuser "heimelig", Museen "würdevoll", Gefängnisse "abschreckend"). Sollen  diese Charakteristika einer Architektur nun als zusätzliches Merkmal aufgefasst werden, oder als inhärenter Teil eines Bauwerks ?

[5] Siehe zum Beispiel Peter Brooks, Reading for the Plot: Design and Intention in Narrative(New York: Knopf, 1984); Frederic Jameson, The Political Unconscious: Narrative as a Socially Symbolic Act(Ithaca: Cornell University Press, 1981); D.A. Miller, Narrative and its Discontents: Problems of Closure in the Traditional Novel (Princeton: Princeton University Press, 1981); and Edward W. Said, Beginnings: Intention and Method  (Baltimore: John Hopkins University Press, 1975).

[6] Roland Barthes, "Einführung in die strukturale Analyse von Erzählungen" in: Das semiologische Abenteuer (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1988), S. 130.

Dass bestimmte postmoderne Praktiken danach streben,  Zeichen zu erzeugen, die nur den Anschein von Zeichen erwecken, ist nur die andere Seite der Medaille, nur ein neuerlicher Versuch, den tröstlichen Abstand zwischen "Code" und "Erzählung" zu bewahren. 

Durch den Gebrauch des Begriffs "hegemonial" beziehe ich mich nicht auf eine vereinheitlichende Kraft, sondern wieder auf ein Feld verschiedenster Diskurse und Ökonomien. Wie Ernesto Laclau und Chantal Mouffe (in Hegemony and Socialist Strategy: Towards a Radical Democratic Politics(London: Verso, 1985), S.142) schreiben:

"Die hegemoniale Formation, wie wir sie begreifen, kann nicht auf die besondere Logik einer einzigen sozialen Kraft zurückgeführt werden. Jeder historische Block oder jede hegemoniale Formation wird durch eine Regelmäßigkeit in der Verstreuung konstruiert, und diese Verstreuung schließt eine Vermehrung ganz verschiedener Elemente ein (...). Das Problem der Macht kann deswegen nicht im Sinne einer Suche nach der  Klasse oder  dem dominanten Sektor gestellt werden,  die oder der das Zentrum einer hegemonialen Formation bildet, da sich uns ein solches Zentrum definitionsgemäß immer entziehen wird.  Aber es ist ebenso falsch, entweder vom Pluralismus oder der völligen Auflösung der Macht im Sozialen als Alternative auszugehen, da dies die Analyse für die Präsenz von Knotenpunkten und die partiellen Machtkonzentrationen, die in jeder konkreten Gesellschaftsform existieren, blind machen würde." (Übersetzung aus : Hegemonie und radikale Demokratie: Zur Dekonstruktion des Marxismus. (Wien: Passagen-Verl., 2000) Aus dem Engl. übers. von Michael Hintz und Gerd Vorwallner.-) 184-185

[7] Was also an Terragnis Danteum Projekt besonders interessant scheint, ist die Anzahl der Methoden, die angewendet werden, um  eine strikt lineare Erzählung nicht aufrechtzuerhalten, und die Art und Weise, wie Lücken, Schlupfwege, und Brüche innerhalb des Projekts  erscheinen : wie Terragnis  erklärte Absichten (und die Erfahrungen, die eine Person mit diesem Projekt macht) den linearen Halt verlieren, sich gegen sich selbst wenden, sich kreuzen und in Sackgassen verlaufen, und schließlich zu einem  "Übersetzungsproblem" mutieren, das nicht nur vom Buch zum Gebäude reicht, sondern von beabsichtigter (und unbeabsichtigter) Bedeutung zur Geometrie, vom Konzept  einer metaphysischen Architektur zur Staatsarchitektur, und vice versa.  Verständlicherweise können also  lineare Lesarten nicht aufrechterhalten werden - "...die Progression vom Undurchdringlichen, zum Rahmenwerk, zum Offenen - vom Inferno zum Fegefeuer in das Paradies, indem man einem Schema Aufstiegs  bis zum heiligsten und geweihten Bereich folgt,  führt am Ende in den Raum, der dem Neuen Römischen Reich gewidmet ist..." (Thomas Schumacher, The Danteum (Princeton: Princeton Architectural Press, 1985), 32) . Zum Beispiel wirkt der Raum des Paradieses im Gegensatz zu dem des Fegefeuers eher käfigartig als offen  (mit seinen durchbrochenen Wänden, und seinen Reihen von Glassäulen und Spalieren). Und der Bereich, der dem Neuen Römischen Reich gewidmet ist, dem Impero, ist eine schmale Passage, die keinen Durchgang erlaubt, eine Sackgasse, die den Besucher zwingt, umzukehren und wieder das Paradies zu durchqueren. Man könnte sich auch fragen, warum Terragni seine sonst so effiziente theatralische Kontrolle an einigen Orten einfach aufgibt : an der Öffnung zwischen Fegefeuer und Paradies, und in den Arkaden zwischen dem Inferno und dem Fegefeuer - dies führt dazu, dass eine direkte thematische Erfahrung dieser Räume unmöglich wird.

[8] Tatsächlich sollte darauf hingewiesen werden, dass es so etwas wie einen ausschließlich privaten oder öffentlichen Raum nicht gibt, wenn  man zum Beispiel in Betracht zieht, bis zu welchem Grad der Einfluss gesellschaftlicher Verhaltensnormen  (von  Tischsitten bis zu sexuellen Gebräuchen) die häuslichen Sitten geprägt hat.

[9] Ich verwende den Begriff "verwalten" hier auf ähnliche Weise, wie Foucault den Begriff "Macht" oder "Machtverhältnisse" benützt, das heisst, ich beziehe mich auf den gesamten Bereich der Manifestation dieses Begriffs, nicht nur auf die negativen und repressiven Konnotationen. Auch Foucaults Definition des Begriffs  "Subjekt" ist hier nützlich : "jemand anderem unterworfen ( im Englischen:subject ) durch Kontrolle und Abhängigkeit; und an seine eigene Identität durch Bewusstsein oder Selbsterkenntnis gebunden." (Michel Foucault, "The Subject and Power," in Art After Modernism: Rethinking Representation,ed. Brian Wallis (New York: The Museum of Contemporary Art, and Boston: Godine, 1984), 420).

[10] Eine Erörterung, inwieweit städtische Parklandschaften die  Konstituierung und Verwaltung von Subjekten beeinflussen, siehe Galen Cranz, The Politics of Park Design (Cambridge: The MIT Press, 1982).

[11] Slavoj Zizek, The Sublime Object of Ideology (London: Verso, 1989), 45.

[12] Siehe Philippe Ariès und Robin Evans, "Figures, Doors and Passages," Architectural Design (Autumn 1978): 276-278 und  "The Developed Surface: an Enquiry into the Brief Life of an Eighteenth Century Drawing Technique," 9H 8 (1989): 120-147.

[13] Michel Foucault, "The Politics of Health in the Eighteenth Century," in Power/Knowledge: Selected Interviews and Other Writings 1972-1977, ed. Colin Gordon (New York: Pantheon, 1980), 166-182. Zum Einfluss der Hygienebewegung auf den häuslichen und den urbanen Raum, siehe Georges Teyssot, "The Disease of the Domicile" in Assemblage6 (1988): 72-97. Über weitere institutionelle Räume, als Zusatz zu Foucaults Studien über Klinik, Anstalt und  Gefängnis, siehe Anthony Vidlers Aufsätze über Industriebauten, Krankenhäuser und Gefängnisse in The Writing of the Walls: Architectural Theory in the Late Enlightenment(Princeton: Princeton Architectural Press, 1987) wie auch Claude-Nicolas Ledoux: Architecture and Social Reform at the End of the Ancient Regime(Cambridge: The MIT Press, 1990). Siehe auch Robin Evans, The Fabrication of Virtue: English Prison Architecture, 1750-1840(Cambridge: Cambridge University Press, 1982).

[14] Siehe Michael Foucaults Erläuterungen in "The Eye of Power" in Power/Knowledge, 146-165. Foucault bezieht sich auf die Diskussion des Themas gesellschaftlicher Transparenz in den Schriften von Jean Starobinski über Rousseau, siehe Starobinski, Jean-Jacques Rousseau: Transparency and Obstruction (Chicago: The University of Chicago Press, 1988) und The Invention of Liberty (1964; Geneva/New York: Skira/Rizzoli, paperback reprint 1987), 100ff. Siehe auch Jaques-Alain Millers ausführliche Vorlesungen über den Utilitarismus innerhalb der Baukörper von Benthams Werk in "Jeremy Bentham´s Panoptic Device," October 41(1987): 3-29.

[15] Starobinski, Jean Jacques Rousseau, 90-101.

[16] Über die Veränderung häuslicher Gebräuche, siehe Barbara Ehrenreich und Deirdre English, For Her Own Good: 150 Years of Experts' Advice to Women (Garden City: Anchor, 1978); Dolores Hayden, The Grand Domestic Revolution: A History of Feminist Designs for American Homes, Neighborhoods, and Cities (Cambridge: The MIT Press, 1981); und Gwendolyn Wright, Moralism and the Model Home: Domestic Architecture and Cultural Conflict in Chicago 1873-1913 (Chicago: University of Chicago Press, 1980). Zur Diskussion über die Rolle der Frauenzeitschriften als Bindeglieder zwischen den sozialen Sphären industrieller Produktion und häuslicher Reproduktion, siehe Sally Stein, "The Graphic Ordering of Desire: Modernization of A Middle-Class Women's Magazine, 1914-1939" ,  Heresies 18 (1985): 7-16. Zu Le Corbusiers Faszination für den Taylorimus, und seiner diesbezüglichen Desillusionierung, siehe Mary McLeod, "Architecture or Revolution: Taylorism, Technocracy, and Social Change," Art Journal, 43, 2 (Summer 1983): 132-147.  Weitere Aspekte zu Le Corbusiers Werk in Bezug auf räumliche Organisationsformen und instrumentalisierter Transparenz werden in Kürze in Bruce Brice Taylors Text "Technology, Society, and Social Control in Le Corbusier's Cite de Refuge, Paris, 1933," Oppositions 15-16 (Winter-Spring 1979): 169-186. diskutiert. Umfassende Lektüre zum Werk von Le Corbusier und Adolf Loos in Bezug auf die Konstruktion des Subjekts im häuslichen Bereich siehe Beatriz Colomina, "The Split Wall: Domestic Voyeurism" in Colomina, ed., Sexuality and Space (New York: Princeton Architectural Press, 1991).

[17] Laszlo Moholy-Nagys Kommentare zu diesem Thema (aus seinem Bauhaus - Buch Malerei Photographie Film) beinhalten eine bemerkenswerte Zusammenfassung dieser Themen: " Die Menschen schlagen einander noch tot, sie haben noch nicht erfaßt, wie sie leben, warum sie leben; Politiker merken nicht, daß die Erde eine Einheit ist, aber man erfindet das Telehor: den Fernseher – man kann morgen in das Herzen des Nächsten schauen, überall sein und doch allein sein; man druckt illustrierte Bücher, Zeitungen, Magazine – in Millionen. Die Eindeutigkeit des Wirklichen, Wahren in der Alltagssituation ist für alle Schichten da. Langsam sickert die Hygiene des Optischen, das Gesunde des Gesehenen durch."in: Laszlo Moholy-Nagy, Malerei Fotografie Film. Hrsg.: Hans M. Wingler. (Mainz und Berlin: Florian Kupferberg 1967)

Ein anderes Beispiel gibt Ludwig Mies van der Rohe in seinen Kommentaren zu Bürogebäuden (" Die Architektur ist der Wille des Zeitalters, der sich durch räumliche Begriffe ausdrückt." ) in der ersten Ausgabe der Avant-Garde Publikation G : " Das Bürohaus ist ein Haus der Arbeit der Organisation der Klarheitder Ökonomie. Helle weite Arbeitsräume, übersichtlich, ungeteilt, nur gegliedert wie der Organismus des Betriebes. Größter Effekt mit geringstem Aufwand an Mitteln." (Betonung der Laufweite  im Original, Hervorhebung durch den  Autor. Weitere Aufmerksamkeit könnte man der Gleichung Bürogebäude=Wohnhaus widmen, sowie den räumlichen Aspekten von Arbeit, Organisation, Klarheit, Ökonomie und Aufteilung. (aus:Conrads, Ulrich (Hrsg.) : Programme und Manifeste zur Architektur des 20. Jahrhunderts. (Braunschweig/Wiesbaden: Friedr. Vieweg & Sohn 2. Aufl.   1981) ).

[18] Foucault bemerkt (in "An Interview with Michel Foucault," in History of the Present 1(1985) ): ("Sobald eine Macht, unendlich weniger brutal und weniger zügellos, weniger sichtbar und weniger schwerfällig als die monarchistische Administration notwendig wurde, entstanden für eine bestimmte soziale Klasse größere Spielräume für eine Teilhabe an der Macht und an Entscheidungsprozessen. Zur gleichen Zeit aber, und als Kompensation dieses Umstands, wurde ein Ausbildungssystem ausgearbeitet, das im Besonderen für die anderen Klassen geschaffen wurde, aber auch für die neue herrschende Klasse - da die Bourgeoisie an sich selbst gearbeitet hatte, brachte sie auch eine eigenen Typ von Individuum hervor. Ich glaube nicht, dass die beiden Phänomene einander widersprechen: das eine war der Preis für das andere. Es war für eine bestimmte Form bourgeoiser Liberalität notwendig, sich auf institutioneller Ebene zu organisieren, es war notwendig, im Bereich dessen, was ich "Mikro-Mächte" nenne, ein viel strengeres Regime der Investition in Körper  und Verhaltensweise zu installieren. Die Disziplin ist die Kehrseite der Demokratie.")

[19] Ich behaupte nicht, dass Transparenz als solche an sich repressiv ist, noch weniger möchte ich vorschlagen, dass wir zu frühen Formen von zellulären Organisationsformen zurückkehren.

[20] Foucault, "The Eye of Power", 151-152.

[21] Dennis Hollier schreibt (in Against Architecture: The Writings of Georges Bataille (Cambridge: The MIT Press, 1989)), 33:

" Man kann kein System beschreiben, ohne auf das Vokabular der Architektur zurückzugreifen ... Unter diesen Bedingungen zeigt sich die Architektur als Archistruktur, als System der Systeme. Sie stellt die Eintracht der Sprachen her und garantiert eine universelle Lesbarkeit, da sie selbst Grundpfeiler der Systematisierung ist. Als Tempel des Sinns dominiert und totalisiert das System die Produktion von Bedeutungen und zwingt diese, so ihre eigene noologische Struktur zu stützen. Die Architektur stellt eine obligatorische Anleihe dar, die all ihre Differenzen von Beginn an zu Schuldnern macht."

Weitere Ausführungen zum Thema der architektonischen Metapher in philosophischen Denken, siehe Mark Wigley, "The Production of Babel, the Translation of Architecture," in Assemblage 8(1989): 7-19.  Eine Erörterung von Strukturierung und Gegen-Strukturierung von Architektur und Kultur, siehe Catherine Ingraham, "Lines and Linearity: Problems in Architectural Theory," in Andrea Kahn, Hrsg., Drawing/Building/Text (New York: Princeton Architectural Press, 1991).

[22] Der Begriff von der "zeitlichen Verzögerung" zwischen Ideologien und Gebäuden bezieht sich auf die Zeit zwischen dem Höhepunkt der pädagogischen Bewegung des "open classroom", dem Auftauchen erster beispielhafter Bauwerke, und darauf, wie diese zum Niedergang der Bewegung selbst beigetragen haben. Wie Georges Duby schreibt (  (in "Ideologies in Social History," in Le Goff und Nora, Constructing the Past: Essays in Historical Methodology,158-9) :"Ideologies indicate changes in "the lived reality of social organisation... slowly and reluctantly, because they are by nature conservative. They are the locus of a process of adaptation, but this is sometimes very slow and always remains partial. Moreover, in a subtle dialectical process, the weight of ideological representations is sometimes such as to hold back the development of material and political structures..."("Ideologien zeigen Veränderungen in der gelebten Realität einer sozialen Organisation an .... langsam und widerstrebend, denn sie sind von Natur aus konservativ. Sie stellen den Ort eines Anpassungsprozesses dar, der jedoch manchmal sehr langsam vor sich geht und unvollständig bleibt. Darüberhinaus trägt das Gewicht ideologischer Repräsentationen durch einen subtilen dialektischen Prozess manchmal dazu bei, dass die Entwicklung materieller und politischer Strukturen zurückgehalten wird.").

[23] Tafuri, " The Historical Project", 17.

[24] Über die historischen Verschiebungen innerhalb kultureller Praktiken im Zusammenhang mit verschiedenen Gerüchen, siehe Alain Corbin, The Foul and the Fragrant: Odor and the French Social Imagination (Cambridge: Harvard University Press, 1986) und Norbert Elias, The Civilizing Process: The Development of Manners (New York: Urizon, 1978).

[25] Zum Verhältnis von Anstand, Eigentum und Eigenname siehe "The Faults of Architecture: Troping the Proper" in Assemblage7 (1988): 7-13.

[26] Alle in diesem Absatz enthaltenen Zitate aus: Sigmund Freud: Das Unheimliche, in : Der Moses des Michelangelo. Schriften über Kunst und Künstler (Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuchverlag, 1993). Zwei weitere Abhandlungen über das Unheimliche in der Architektur bei Anthony Vidler " The Architecture of the Uncanny: The Unhomely Houses of the Romantic Sublime", in Assemblage 3 (1987): 7-29 und Wigley, " Postmortem Architecture: The Taste of Derrida", Perspecta23 (1987); 156-172.

[27] The Compact Edition of the Oxford English Dictionary  (New York: Oxford University Press, 1971) und Websters New World Dictionary (New York: William Collins und World Publishing, 1978). Ich möchte mich bei James F. Gramata bedanken, der mich auf diese Etymologien hingewiesen hat.

[28] Gillian Feeley-Harnik, "The Sakalava House (Madagascar, Anthropos75 (1980)), 580, zitiert in Peter J. Wilson, The Domestication of the Human Species (New Haven: Yale University Press, 1988).

[29] Martin Heidegger: Brief über den „Humanismus“ in Platons Lehre von der Wahrheit. Mit einemBrief über den "Humanismus"(Bern: A. Francke AG - 2. Aufl. - 1954)

[30] "Wie anders aber können die Sterblichen diesem Zuspruch entsprechen als dadurch, daß sie an ihrem Teil versuchen, von sich her das Wohnen in das Volle seines Wesens zu bringen ? Sie vollbringen dies, wenn sie aus dem Wohnen bauen und für das Wohnen denken."
Martin Heidegger, Bauen Wohnen Denken, in : Vorträge und Aufsätze(Pfullingen: Verlag Günther Neske 1954) 162

[31] Wilson, The Domestication of the Human Species, 182.

[32] In The Sublime Object of Ideology (162-4; Hervorhebung im Original) benützt Zizek den Begriff des 'Realen' im Lacan´schen Sinn, das heisst, er bezieht sich nicht auf eine "transzendetes positives Dasein", sondern auf eine Entität mehr im Sinne von Freuds Beispiel des primären Vatermordes, der "obwohl dieser nicht in einem realen Sinn 'existiert', also in Wirklichkeit stattfindet, dennoch eine Reihe von Eigenschaften besitzt - er verfügt über eine gewisse strukturelle Kausalität, und kann eine Reihe von Effekten in der symbolischen Realität der Subjekte hervorbringen. " Tatsächlich präsentiert sich dieses Dasein nur als Reihe von Effekten, aber "immer in einer deformierten, verschobenen Weise ...". Laclau und Mouffe [in Hegemony and Socialist Strategy]  waren die ersten, die diese Logik des Realen hinsichtlich seiner Relevanz für das sozio-ideologische Feld über das Konzept des Antagonismus entwickelten: "...der Antagonismus stellt sich genau als ein solcher unmöglicher Kern dar ... der erst rückwirkend  konstruiert werden kann, nämlich aus einer Folge seiner Effekte heraus als traumatischer Punkt, der immer entkommt; dies verhindert eine endgültige Schließung, ein Zu-Sich-Selbst-Kommen des gesellschaftlichen  Feldes." Aus den gleichen Gründen hat Zizek in Bezug auf den primären Vatermord festgehalten, dass es sinnlos wäre, nach Spuren des gebauten Unheimlichen in einer "prähistorischen Realität zu suchen, trotzdem muss dies vorausgesetzt werden, wenn wir den augenblicklichen Stand der Dinge verstehen wollen." Außerdem  sollten wir nicht erwarten,  dass Architektur offen und kontinuierlich ihre "unheimliche" Seite zeige (wie sie dies in dem seltenen Beispiel eines, sagen wir, panoptischen Gefängnisses tut ), damit man die Auswirkungen des 'Unheimlichen' zu spüren bekommt. In anderen Worten ausgedrückt, ist die direkte Verleugnung weder das einzige noch vorrangiges Kontrollmittel, wie Jacques Lacan schreibt (in Lacan, "Television" in October 40(1987): 31-2; Hervorhebung im Original): " Freud hat nicht gesagt, dass die Verdrängung aus der Repression hervorgeht : dass, um es bildlich auszudrücken, Kastration(sangst, d. Übers.) daher kommt, dass Papa seinem onanierenden Balg droht : " Im Ernst, wenn du das noch mal machst, schneiden wir es ab ! " Dass diese Äußerung verdrängt und verdeckt wird, verringert ihre Überzeugungskraft nicht, im Gegenteil, sondern verstärkt sie.

[33] Peter Brooks," Psychoanalytic Constructions and Narrative Meanings," in Paragraph 7 (1986):

[34] Sigmund Freud, Beyond the Pleasure Principle(New York: Norton, 1959), 12, 30.

[35] Sigmund Freud, Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten in: Gesammelte Werke.Zehnter Band 1913 - 1917. ( Frankfurt am Main: S.Fischer Verlag, 1969) 130.

[36] Hollier, Against Architecture,46-7. Bataille fährt fort : "Tatsächlich ist es offensichtlich, dass Monumente Vorsicht im gesellschaftlichen Umgang und oft sogar reale Angst hervorrufen. Der Sturm auf die Bastille ist ein Symbol für diesen Umstand: Es ist schwer, für diese Massenbewegung eine andere Erklärung eine andere Erklärung zu finden als die Feindseligkeit der Leute gegenüber Monumenten, die ihre wirklichen Herrscher sind." In einem Kommentar zu dieser Passage schreibt Hollier (S 49, 55): "Die Aufgabe  [der Architektur] besteht darin, der Gesellschaft in ihrer Verteidigung gegen das dienlich zu sein, was nur deshalb ihre Basis ist, weil es eine Bedrohung darstellt ... Architektur fungiert als Phantasie, mit der sich die Menschen identifizieren, um ihrem Begehren zu entfliehen (ihm zu entfliehen heißt, es kontrollieren). Die Menschen sind eingeschlossen: konformmit sich selbst."

[37] Sigmund Freud, Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten. 128

[38] Lacan, The Seminar of Jacques Lacan: Book II, The Ego in Freud´s Theory and in the Technique of Psychoanalysis 1954-55(ed. Jaques-Alain Miller; New York: Norton, 1988), 100.

[39] .  Wie Joan Copjec schreibt   (in " India Song/Son nom de Venise dans Calcutta desert:The Compulsion to Repeat" in October 17 (1981): 42-43):  "Der Zwang zur Wiederholung ist, der Psychoanalyse zufolge ... definitiv kein Versuch, zu einem früheren Zustand der Befriedigung zurückzukehren. Vielmehr ist er die Rückkehr zu einem Trauma, das - psychoanalytisch, also medizinisch-operativ, als eine Wunde vorgestellt wird, ein Riss in der schützenden Haut, der die Katastrophe, das Unglück durch die Gesamtheit des Organismus anzieht."

[40] Freud, "Die endliche und die unendliche Analyse" in Freud, Gesammelte Werke (Frankfurt am Main: S. Fischer, 1950), Vol. XVI, S.83

[41] Ebd. , S. 83 Freud fährt fort:" Das erstarkte Ich des Erwachsenen fährt fort, sich gegen Gefahren zu verteidigen, die in der Realität nicht mehr bestehen, ja es findet sich gedrängt, jene Situationen der Realität herauszusuchen, die die ursprüngliche Gefahr ungefähr ersetzen können, um sein Festhalten an den gewohnten Reaktionsweisen an ihnen rechtfertigen zu können. Somit wird es leicht verständlich, wie die Abwehrmechanismen durch immer weiter greifende Entfremdung von der Außenwelt und dauernde Schwächung des Ichs den Ausbruch der Neurose vorbereiten und begünstigen. "

[42] Bertolt Brecht, "Kleines Organon für das Theater" in:  Bertolt Brecht, Gesammelte Werke, Band VII(Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1967), 681.

[43] Sigmund Freud, Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten.131

[44] Ebd., 135-6

[45] Brooks, Psychonanalytic Constructions and Narrative Meanings,57, 62, 67.

[46] Brecht, "Kleines Organon für das Theater," 682.

[47] Ebd., 680-81.

[48] Zum Konzept der Gegen-Erinnerung siehe Friedrich Nietzsche, "History in the Service and Disservice of Life" in Nietzsche, Unmodern Observations,ed. William Arrowsmith (New Haven: Yale, 1990), 87-145 and Foucault, "Nietzsche, Genealogy, History," in Foucault, Language, Counter-Memory, Practice,139-164. Es ist auch interessant, in diesem Zusammenhang Jacques Derridas Kommentare zu Architektur und "Erinnerung" (in "Jacques Derrida in Discussion with Christopher Norris," Deconstruction in Architecture II II (Architectural Design Profile 74, London: St. Martins, 1989), 73, Hervorhebungen im Original ): ("Nun, was die Architektur anbelangt, denke ich, dass Dekonstruktion - lassen sie uns dieses Wort weiter verwenden, um Zeit zu sparen - dann entsteht, wenn irgendeine architektonische Philosophie, irgendwelche architektonischen Annahmen dekonstruiert werden - zum Beispiel die Hegemonie des Ästhetischen, des Schönen, die Hegemonie der Nützlichkeit, der Funktionalität des Lebens, des Wohnens. Aber dann müssen diese Motive wiederin die Arbeit eingeschrieben werden. Diese werte des Wohnens, der Funktionalität, des Schönen und so weiter können (oder sollten) nicht einfach aufgegeben werden. Es muss sozusagen ein neuer Raum und eine neue Form konstruiert werden, um eine neue Art des Bauens zu gestalten, in welche diese Motive wieder eingeschrieben werden, die inzwischen ihre Hegemonie eingebüßt haben. Die Erfindungsgabe einflußreicher ArchitektInnen besteht, denke ich, in diesem Wiedereinschreiben, der Ökonomie dieses Wiedereinschreibens, welche auch einigen Respekt vor der Tradition, der Erinnerung beinhaltet.  Dekonstruktion bedeutet nicht, die Vergangenheit einfach zu vergessen. Was die Theologie oder die Architektur oder irgendetwas beherrscht hat, ist auf eine Art immer noch da, und die Einschreibungen, sagen wir, das Archivdieser dekonstruierten Strukturen, sollte so lesbar wie möglich sein, so legibel, wie es nur irgend geht.)

[49] So charakterisiert Michel de Certeau Foucaults Forschungsmethodik. de Certeau, Heterologies: Discourse on the Other (Minneapolis: University of Minnesota Press, 1986), 194.

[50] Brecht, "Kleines Organon für das Theater," 700.

[51] Brecht, "Nachträge zum 'Kleinen Organon' " in :  Bertolt Brecht, Gesammelte Werke, Band VII (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1967),

702. Theodor Adornos Kritik an Brecht, selbst in ihrer Unvollständigkeit ( Jamesons zutreffende Beschreibung, aus Aesthetics and Politics (London: New Left Books, 1977), 209), sollte weder der erste noch der letzte Kommentar zur Distanz zwischen Theorie und Praxis sein, und zu dem  schwierigen Verhältnis zwischen impliziten sozialen Inhalten und der Ambiguität in Brechts Werk. Ich würde vorschlagen, dass einerseits die Verwendung sozialer Inhalte in einem ästhetischen Werk, dem ein gewisser Grad an Ambiguität fehlt, eine übertrieben vereinfachende Didaktik zur Schau stellt, während andererseits die Gefahr einer ausserhalb des Inhalts liegenden Ambiguität, die nicht aus dem Inneren des Werkes selbst hervorgeht, einer einfachen und leeren Versuchung gleicht ( dies bezeugt der Erfolg von politisch sehr fragwürdigen Künstlern wie Joseph Beuys und Anselm Kiefer).  Eine eingehendere Untersuchung von Adornos Position enthüllt, wieder in Jamesons Worten (in Late Marxism: Adorno  or  The Persistence of the Dialectic (New York: Verso, 1990), 223), eine subtile Anerkennung seines grossen Gegners Brecht, sogar in dem aggressiv-kritischen Essay "Commitment" (in Ästhetik und Politik), aber nochmehr in der etwas ausgeglicheneren Ästhetischen Theorie:" "Gleichwohl ist, nicht zuletzt durch Brecht, das Selbstbewusstsein des Kunstwerks als eines Stücks politischer Praxis  dem Kunstwerk als Kraft wider seine ideologische Verblendung zugewachsen. "  (aus: Theodor W. Adorno, Ästhetische Theorie. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1973 360.)

[52] Bertolt Brecht, "Rauschgift," in Gesammelte Werke (Frankfurt: Suhrkamp, 1967), Band VIII, 593, zitiert in Yve-Alain Bois' Essay (über das Werk des Künstlers Hans Haacke) "The Antidote" in October 39  (Winter 1986), 143. Bois fährt fort : " Diese heilende Kraft verkompliziert zweifellos Haackes Vorbereitung eines Gegengifts. Seine Strategie besteht darin, diese Bewusstsein selbst durch das Werk erfahrbar zu machen."

[53] Manfredo Tafuri, Kapitalismus und Architektur: Von Corbusiers "Utopia" zur Trabantenstadt (Hamburg/Westberlin: VSA, 1977) 133.
ix. Siehe auch:  The Sphere and the Labyrinth.

[54] Manfredo Tafuri, Kapitalismus und Architektur

Übersetzung: Constanze Ruhm

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