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Titel: Übersetzen zwischen Kulturen - Ein Konzept der britischen Sozialanthropologie
Autor: Talal Asad
in: Eberhard Berg und Martin Fuchs: Kultur, Praxis, Text.
Die Krise der ethnographischen Repräsentation
. Suhrkamp: Frankfurt/M, 1995

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Übersetzen zwischen Kulturen
Ein Konzept der britischen Sozialanthropologie

Talal Asad


Einleitung

Alle Anthropologen sind mit E. B. Tylors berühmter Definition von Kultur vertraut: "Kultur oder Zivilisation, im weitgefassten ethnographischen Sinne, ist jenes komplexe Ganze, welches Wissen, Glauben, Kunst, Moral, Recht, Sitte und alle weiteren Fähigkeiten und Gewohnheiten umfasst, die ein Mensch als Angehöriger einer Gesellschaft erworben hat." Es wäre interessant zu verfolgen, wie und wann dieser Begriff von Kultur, mitsamt der Aufzählung von "Fähigkeiten und Gewohnheiten" und mit seinem Akzent auf dem, was Linton soziales Erbe (mit Schwerpunkt auf dem Lernprozess) nannte, in die Vorstellung von einem Text verwandelt wurde - das heisst in etwas, das einem aufgezeichneten Diskurs gleicht. Ein deutlicher Anhaltspunkt für diesen Wandel findet sich darin, dass ein Begriff von Sprache als Vorbedingung historischer Kontinuität und sozialen Lernens ("Kultivierung") die Perspektive von Sozialanthropologen zu beherrschen begann. In einem allgemeinen Sinne geht ein solches Interesse an Sprache natürlich Tylor voraus, im neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhundert war es jedoch eher in Spielarten nationalistischer Literaturtheorie und Erziehung zentral (vgl. Eagleton 1983 Kap.) als in den anderen Humanwissenschaften. Wann und auf welche Weise gewann es entscheidende Bedeutung für die britische Sozialanthropologie? Ich habe hier nicht vor, eine solche Begriffsgeschichte zu schreiben. Ich möchte uns nur ins Gedächtnis rufen, dass der Ausdruck "Übersetzen zwischen Kulturen", der seit den fünfziger Jahren in zunehmendem Masse zu einer geradezu abgedroschenen Beschreibung der spezifischen Aufgabe der Sozialanthropologie wurde, nicht immer so in Erscheinung trat. Ich möchte betonen, dass dieser offensichtliche Wandel nicht mit der alten Periodisierung Prä-Funktionalismus/Funktionalismus identisch ist. Er ist auch nicht einfach nur Folge eines unmittelbaren Interesses an Sprache und Bedeutung, das zuvor gefehlt hatte (Crick 1976). Bronislaw Malinowski, einer der Begründer der sogenannten funktionalistischen Schule, schrieb viel über "primitive Sprache" und sammelte enorme Mengen linguistischen Materials (Sprichwörter, Verwandtschaftsterminologie, magische Formeln usw.) für die anthropologische Analyse. Aber er begriff seine Arbeit nie als Übersetzen zwischen Kulturen.

Godfrey Lienhardts Aufsatz "Modes of Thought" (1954) stellt vielleicht eines der ersten - sicherlich eines der scharfsinnigsten - Beispiele dar, diesen Begriff der Übersetzung explizit dafür zu nutzen, eine der zentralen Aufgaben der Sozialanthropologie zu beschrieben. "Das Problem, anderen zu beschreiben, wie Angehörige eines weit entfernten Stammes denken, beginnt dann weitgehend als eines der Übersetzung zu erscheinen; als eines, die Kohärenz, die das primitive Denken in den Sprachen besitzt, denen es wirklich innewohnt, so klar möglich in unserer eigenen zur Geltung zu bringen" (1954:97). Diese Aussage wird zitiert und kritisiert in dem Artikel von Ernest Gellner, den ich im nächsten Abschnitt analysieren werde, und ich werde darauf im Kontext von Gellners Ausführungen zurückkommen. An dieser Stelle möchte ich die Aufmerksamkeit kurz auf Lienhardts Verwendung des Wortes "Übersetzung" lenken, das nicht auf linguistische Inhalte per se Bezug nimmt, sondern auf "Denkweisen" , die in solchen Inhalten verkörpert sind. Es mag im übrigen nicht ohne Belang sein, dass Lienhardt von der englischen Literaturwissenschaft herkommt und dass er Schüler von F. R. Leavis in Cambridge war, bevor er Schüler und Mitarbeiter von E. E. Evans-Pritchard in Oxford wurde.

Oxford ist selbstverständlich als das Zentrum der Anthropologie in Grossbritannien bekannt, das sich am bewusstesten mit "dem Übersetzen zwischen Kulturen" befasst. Das bekannteste einführende Lehrbuch, das aus diesem Zentrum hervorging, John Beatties Other Cultures (1964), legte die Betonung auf die zentrale Bedeutung des "Problems der Übersetzung" für die Sozialanthropologie und unterschied (ohne sie zu trennen) "Kultur" von "Sprache" auf eine Art, die den Anthropologen vertraut - wenn auch deshalb nicht völlig klar-werden sollte (siehe 1964: 89 f.).

Interessanterweise lässt sich feststellen, dass Edmund Leach, der nie mit Oxford verbunden war, ein Jahrzehnt später denselben Begriff am Schluss eines historischen Abrisses der Sozialanthropologie verwendete:

"Lassen Sie mich rekapitulieren. Wir haben zunächst betont, wie andersartig "die Anderen" sind - und liessen sie nicht nur als andersartig, sondern als fern und niedriger erscheinen. Gefühlsmässig wechselten wir sodann auf die Gegenspur und argumentierten, dass alle Menschen gleich seien; wir können Trobriander oder die Barotse verstehen, weil ihre Handlungsmotive genau dieselben sind wie die unsrigen; aber das klappte ebensowenig; "die Andere" blieben auf hartnäckige Weise anders. jetzt aber sind wir so weit zu erkennen, dass das wesentliche Problem eines des Übersetzens ist. Die Linguisten haben uns gezeigt, dass jede Übersetzung schwierig und dass eine perfekte Übersetzung in der Regel unmöglich ist. Und doch wissen wir, dass praktisch eine leidlich zufriedenstellende Übersetzung immer möglich ist, sogar dann, wenn der Original"text"äusserst abstrus ist. Sprachen sind verschieden, aber so verschieden nun auch wieder nicht. So betrachtet sind Sozialanthropologen damit beschäftigt, eine Methodologie für die Übersetzung von kulturellen Sprachen aufzustellen" (Leach 1973: 772).

Sogar Max Gluckman (1973: 905), der etwas später auf Leach antwortete, erklärt sich mit der zentralen Rolle der "Übersetzung zwischen Kulturen" einverstanden, schlägt allerdings eine ganz andere Genealogie dieser anthropologischen Praxis vor.

Doch trotz der allgemeinen Übereinstimmung, mit der dieser Begriff als Teil der Selbstdefinition der britischen Sozialanthropologie angenommen worden ist, wurde er innerhalb der Disziplin kaum einmal systematisch untersucht. Eine gewisse Ausnahme bildet Rodney Needhams Belief, Language, and Experience (1972). Dabei handelt es sich um ein komplexes wissenschaftliches Werk, das eine ausführliche Behandlung verdient. Hier jedoch möchte ich mich auf einen kürzeren Text konzentrieren, Ernest Gellners "Concepts and Society" der an britischen Universitäten in Kursen für Studienanfänger recht häufig eingesetzt wird und bis jetzt in mehreren weitverbreiteten Textsammlungen zugänglich ist. Ich möchte daher den nächsten Abschnitt einer eingehenden Untersuchung dieses Aufsatzes widmen und in den folgenden Abschnitten einige Punkte aufgreifen, die aus meiner Erörterung hervorgehen.


Ein theoretischer Text

Gellner "Concepts and Society" befasst sich mit der Frage, wie funktionalistische Anthropologen mit Problemen der Interpretation und Übersetzung des Diskurses fremder Gesellschaften umgehen. Gellners grundlegende Behauptung besagt, dass (a) gegenwärtige Anthropologen darauf beharren, exotische Konzepte und Glaubensvorstellungen innerhalb ihres sozialen Kontextes zu interpretieren, dass sie jedoch (b), indem sie dies tun, dafür sorgen, dass augenscheinlich absurde oder inkohärente Behauptungen stets einen annehmbaren Sinn erhalten, und dass (c), wenn auch die Methode kontextueller Interpretation im Prinzip ihre Berechtigung hat, dies jedoch nicht für die "übermässige Nachsicht" gilt, die mit ihr gewöhnlich verknüpft ist. Der Aufsatz enthält mehrere Diagramme, welche die diesbezüglich relevanten kulturellen Vorgänge anschaulich festhalten und erhellen sollen.

Gellner bringt das Problem der Interpretation im Zusammenhang mit Kurt Samuelssons Religion and Economic Action (1961) zur Sprache, dem Angriff einesWirtschaftshistorikers auf Webers These zur protestantischen Ethik. Samuelsson wendet sich dagegen, dass Weber und seine Anhänger religiöse Texte in einer Weise reinterpretiert haben, die es ihnen erlaubt, Bedeutungen herau zuarbeiten, die ihre These bestätigen. Gellner führt dieses Beispiel nur an, um die entgegenstehende Position der funktionalistischen Anthropologen schärfer herausstreichen zu können:

"Ich bin weder daran interessiert noch kompetent, zu erörtern, ob in diesem speziellen Fall Samuelssons Anwendung seines Grundsatzes, man dürfe die Behauptungen, die man vorfindet, nicht reinterpretieren, berechtigt ist. Von Bedeutung ist hier, dass ein solcher Grundsatz, würde er explizit gemacht und verallgemeinert, die Mehrzahl soziologischer Untersuchungen zum Verhältnis von Glauben und Verhalten ad absurdum führen würde. Wir werden vielmehr erkennen, dass sich die Anthropologen gezwungen sehen, gerade den entgegengesetzten Grundsatz anzuwenden, nämlich eher auf kontextueller Reinterpretation zu insistieren, als sie zurückzuweisen" (1970: 20).

Aber dieser bescheidene Kompetenzverzicht lässt überaus viele interessante Fragen offen. Zunächst einmal bedarf es keiner besonderen Kompetenz, um festzustellen, dass Samuelsson sich weder auf den Grundsatz beschränkt, man dürfe niemals reinterpretieren, noch darauf beharrt, dass niemals eine bedeutsame Verbindung zwischen einem religiösen Text und seinem sozialen Kontext besteht, sondern lediglich behauptet, dass die Schlussfolgerung, welche die Weber-These zu ziehen versucht, nicht bewiesen werden kann (siehe zum Beispiel Samuelsson 1961: 69). Darüber hinaus könnte Gellner einen tatsächlichen Gegensatz zwischen Samuelssons Beispiel und der misslichen Lage des typischen Anthropologen aufgegriffen haben. Für Wirtschaftshistoriker und Soziologen, die an der Debatte um Weber teilnehmen, sind historische Texte die primäre Gegebenheit, zu denen der soziale Kontext in Beziehung gesetzt und so rekonstruiert werden muss. Der anthropologische Feldforscher beginnt mit einer sozialen Situation, in der Dinge gesagt werden, und es ist die kulturelle Bedeutung dieser Äusserungen, die rekonstruiert werden muss. Das heisst natürlich nicht, dass sich der Historiker seinem Archivmaterial ohne gewisse Vorstellungen von dessen geschichtlichem Kontext nähern kann oder dass der Feldforscher seine soziale Situation unabhängig von dem, was in dieser Situation gesagt wurde, charakterisieren kann. So wie es sich darstellt, handelt es sich um einen Gegensatz in der Orientierung, der sich aus der Tatsache ergibt, dass dem Historiker ein Text gegeben ist, der Ethnograph den Text aber erst konstruieren muss.

Anstatt diesen wichtigen Gegensatz näher zu beleuchten, beeilt sich Gellner, das, was er "moderaten Funktionalismus" nennt, als eine Methode zu definieren und zu loben, die "darin besteht, darauf zu insistieren, dass Konzepte und Glaubensvorstellungen nicht isoliert existieren, in Texten oder in den Köpfen der Individuen, sondern im Leben der Menschen und Gesellschaften. Die Handlungen und Institutionen, in deren Kontext ein Wort, eine Phrase oder ein Komplex von Phrasen gebraucht wird, müssen bekannt sein, bevor man das Wort oder diese Phrasen verstehen kann, bevor man tatsächlich von einem Konzept oder einer Glaubensvorstellung sprechen kann" (1970)

Das ist gut gesagt, und wenn es bereits früher gesagt wurde, lohnt sich doch eine Wiederholung. An diesem Punkt mag der Leser eine Diskussion erwarten, und zwar über die verschiedenen Weisen, in denen der Ethnologe im Feld der Sprache begegnet, wie Äusserungen getroffen, sprachliche Bedeutungen geschaffen, rhetorische Effekte erzielt und kulturell angemessene Antworten hervorgebracht werden. Immerhin, bereits Wittgenstein hat die britischen Philosophen für die Komplexität der gebrauchten Sprache sensibilisiert, und J. L. Austin hat Unterschiede zwischen den verschiedenen Ebenen der Sprachproduktion und Sprachrezeption aufgestellt, die bereits das ahnen lassen, was die Anthropologen später ethnography of speaking nennen sollten. Aber Gellner hat bereits vorher die Annahme zurückgewiesen, dass diese philosophische Bewegung irgend etwas von Wert zu lehren hätte (siehe seine Polemik in Words and Things, 1959), und genauso wie andere Kritiker hat er immer darauf insistiert, dass das Interesse am Verstehen der Alltagssprache nur eine verkappte Verteidigung etablierter Weisen des Redens über die Welt darstelle, ein geheimes Leugnen, dass diese Sprechweisen möglicherweise unlogisch oder absurd sein könnten. Gellner war immer fest entschlossen, die Unterscheidung zwischen dem Verteidigen und dem Erklären von "Konzepten und Glaubensvorstellungen"aufrechtzuerhalten und vor der Spielart anthropologischer Übersetzung zu warnen, die a priori die kritische Distanz ablehnt, die notwendig ist, um zu erklären, wie Konzepte tatsächlich arbeiten. Denn, so schreibt er, "das Wirken von Konzepten in einer Gesellschaft zu verstehen heisst, ihre Institutionen zu verstehen" (1959: 8, siehe auch Fussnote 1 auf derselben Seite).

Das ist der Grund, warum Gellners oben zitierte kurze Stellungnahme zu dem moderaten Funktionalismus ihn unmittelbar zu einer Diskussion von Durkheims Die elementaren Formen des religiösen Lebens führt. Dieser Text,"eine der Urquellen des Funktionalismus überhaupt", ist darum bemüht, Konzepte zu erklären, statt sie zu verteidigen, genauer noch: er will "den Zwangscharakter unserer kategorialen Konzepte" in Form kollektiver Prozesse erklären.

"Wenn wir heute einen funktionalen, den sozialen Kontext berücksichtigenden Ansatz zur Erforschung und Interpretation von Konzepten befürworten, unterscheiden wir uns in vieler Hinsicht von Durkheims Position. Durkheim lag weniger daran, die Konzepte der primitiven Gesellschaft zu rechtfertigen: in ihrem eigenen Umfeld bedurften sie keiner Rechtfertigung, und er war weder bestrebt, das Archaische im Bereich der modernen, sich wandelnden Gesellschaften zu rechtfertigen, noch hätte er bestritten, zu unterstellen, dass durchaus auch manches intellektuelle Bündel archaische Züge aufweist. Es lag ihm eigentlich daran, den zwingenden Charakter dessen zu erklären, was in der Praxis anscheinend keiner Rechtfertigung bedarf (und indem er das tat, beanspruchte er, das Problem der Erkenntnis, dessen Lösung Kant und andere aus seiner Sicht ausgewichen sind, zu lösen, ohne in Empirismus oder in Apriorismus zu verfallen). Ob er damit erfolgreich war, möchte ich nicht erörtern: aus einer Vielzahl von Gründen scheint es mir, dass er es nicht warÇ (1970: 23)

Es ist offensichtlich, dass Gellner das Grundanliegen der Elementaren Formen erkannt hat - nämlich den Versuch, den Zwangscharakter sozial definierter Konzepte zu erklären -, aber von der Überlegung, was eine solche Problemstellung alles umfassen kann, gelangt er zu schnell zur Ablehnung von Durkheims Erklärungsversuch. Dass apriorische Verurteilung das Vorhaben der Erklärung genausowenig weiterbringt wie Verteidigung, diese Möglichkeit scheint in "Concepts and Society" nicht ins Auge gefasst zu werden. Anstelle dessen wird der Leser durch ein Zitat von Lienhardt daran erinnert, dass es der zeitgenössische Anthropologe im Normalfall "zur Bedingung für eine gute Übersetzung zu erheben scheint, dass sie die Kohärenz übermittelt, die er im primitiven Denken zu finden meint" (1970: 26). Wir haben hier' wie ich meine, einen irreführenden Gegensatz - es steht der Versuch Durkheims, das primitive Denken zu erklären, gegen den Versuch des zeitgenössischen Anthropologen, es zu verteidigen. Ich werde später auf diesen Punkt zurückkommen; hier möchte ich nur festhalten, dass die Feststellung einer den Diskurs zusammenhaltenden Kohärenz nicht ipso facto dasselbe ist wie die Rechtfertigung oder Verteidigung dieses Diskurses, sondern lediglich ein wesentlicher Schritt bei der Aufgabe, seinen Zwangscharakter zu erklären. jeder, der mit der Psychoanalyse vertraut ist, wird diesen Aspekt leicht nachvollziehen können. Oder um es anders zu formulieren: Das Kriterium der abstrakten "Kohärenz" oder "Logik" (Gellner benutzt diese und andere Begriffe wechselweise) ist nicht immer und in jedem Fall ausschlaggebend für das Akzeptieren oder Zurückweisen eines Diskurses. Und zwar, wie Gellner selbst richtig bemerkt, weil "Sprache auf verschiedene Weisen funktioniert und nicht nur als "Verweis auf ein Objekt" (1970: 25). Nicht jede Äusserung ist eine Behauptung: Es gibt viele Dinge, welche im Sprachgebrauch auftreten und auch auftreten sollen, die eine Erklärung dafür bieten, warum wir positiv auf einen Diskurs reagieren können, der von einem eng definierten logischen Standpunkt her unzulänglich erscheinen mag. Die Wikungsweise einer bestimmten Sprache, die Intentionen eines bestimmten Diskurses sind selbstverständlich Momente dessen, was jeder kompetenteAnthropologe erfassen möchte, ehe er mit dem Versuch einer adäquaten Übersetzung in seine Muttersprache beginnen kann.

Gellner scheint sich dieses Problemaspekts halbwegs bewusst zu sein, aber in seinem Eifer, den funktionalistischen Anthropologen ihre "übertriebene Nachsicht" bei der Übersetzung zwischen Kulturen vor Augen zu führen, wischt er ihn schnell vom Tisch.

"Die Sachlage, der sich ein Sozialanthropologe, der in einer fremden Kultur ein Konzept, eine Behauptung oder Doktrin interpretieren möchte, gegenübersicht, erweist sich im Grunde als einfach, Er ist konfrontiert, sagen wir, mit einer Aussage S in der Lokalsprache. Zu seiner Disposition steht die beträchtlich grosse und unbegrenzte Menge möglicher Sätze in seiner eigenen Sprache.
Er mag zwar nicht sehr glücklich mit seiner Situation sein, aber er kann sie nicht umgehen. Es gibt keine dritte Sprache, die zwischen der Sprache der Einheimischen und seiner eigenen vermitteln könnte, eine Sprache, in der Gleichwertigkeit ausgedrückt werden und die die Fallstricke vermeiden könnte, die sich daraus ergeben, dass seine eigene Sprache auch ihre eigene Art und Weise besitzt, mit der Welt umzugehen, eine, die nicht die der einheimischen und zu erforschenden Sprache ist und die infolgedessen dazu neigt, das was übersetzt wird, zu verzerren.
Ziemlich naiv meinen einige Leute zuweilen, dass die Wirklichkeit selbst diese Art von Vermittlung oder - dritte Sprache - sein könnte., [...] Aus mehreren überzeugenden Gründen ist dies natürlich nicht richtig" (1970: 24f)

Wieder einmal mag es für manche Leser den Anschein haben, dass diese vernünftige Darlegung der Forderung entgegenkommt, der Ethnograph müsse die verschiedenen Möglichkeiten des Umgangs mit der Welt, der Übermittlung von Informationen sowie der Konstitution von Erfahrung, die in die Sprache der Einheimischen eingelassen sind, zu rekonstruieren versuchen, ehe er den fremden Diskurs in die Sprache seines ethnographischen Texts übersetzt. Aber Gellners Darstellung führt in eine andere und sehr zweifelhafte Richtung.
Hat der Anthropologe, so fährt Gellner fort, einenadäquaten englischen Satz gefunden, so stellt er fest, dass dieser unvermeidlich eine Bewertung in sich trägt, dass er, mit anderen Worten, entweder gut oder schlecht ist. "Ich sage nicht "wahr"oder "falsch", denn dies tritt nur im Falle einer bestimmten Art von Aussagen auf. Auf andere Aussagen mögen andere Dichotomien zutreffen, etwa "bedeutsam"und "absurd", "vernünftig" oder "dumm". Ich benutze bewusst "gut"oder "schlecht", um alle möglichen gegensätzlichen Alternativen, welche auch immer am ehesten zu dem Äquivalent von S passen mögen, abzudecken" (1970: 27).

Haben wir es hier nicht mit äusserst kuriosen Annahmen zu tun, die kein erfahrener Übersetzer jemals machen würde? Erstens wird gesagt, dass eine bewertende Unterscheidung immer eine Sache der Wahl zwischen gegensätzlichen Alternativen ist, und zweitens, dass bewertende Unterscheidungen letztlich auf "gut"oder "schlecht"zurückführbar sind. Zweifellos ist keine dieser Annahmen zu akzeptieren wenn sie als allgemeine Regel formuliert werden. Und dann wird die Ansicht geäussert, dass die Aufgabe des Übersetzers es erfordert, für jeden Satz einen ihm genau entsprechenden zu finden. Aber wenn der erfahrene Übersetzer in dem zu übersetzenden Diskurs zunächst nach einem Prinzip der Kohärenz Ausschau hält und anschliessend versucht, diese Kohärenz, so gut es geht, in seiner eigenen Sprache zu reproduzieren, dann kann es keine allgemeine Regel geben, mit welchen Einheiten der Übersetzer arbeitet - mit Sätzen, Absätzen oder sogar noch grösseren Diskurseinheiten. Um den Spiess umzudrehen: die Angemessenheit der verwendeten Einheit hängt selbst vom Prinzip der Kohärenz ab.

Aber Gellners Parabel vom Anthropologen-Übersetzer geht von der Annahme aus, dass es Sätze sind, die letzterer in Übereinstimmung bringt, denn das erleichtert es vorzuführen, wie die Sünde der übertriebenen Nachsicht in die Welt tritt. Hat der Anthropologe eine anfängliche Äquivalenz zwischen einem Satz in der Lokalsprache und einem in seiner eigenen Sprache hergestellt, bemerkt er, dass der englische Satz einen "schlechten" Eindruck vermittelt. Das beunruhigt den Anthropologen, denn, so besagt Gellners Parabel, von einer ethnographischen Darstellung, die solch einen Eindruck vermittelt, mag man annehmen, dass sie die untersuchten Einheimischen verächtlich behandelt, und andere Kulturen zu verachten ist ein Zeichen von Ethnozentrismus, und Ethnozentrismus wiederum ist, gemäss der Lehren der funktionalistische Anthropologie, ein Symptom armseliger Anthropologie. Die funktionalistische Methode verlangt, Sätze immer in bezug auf ihren eigenen sozialen Kontext zu bewerten. So reinterpretiert der besorgte Anthropologe den Originalsatz mittels eines flexibleren und vorsichtigeren Gebrauchs der kontextuellen Methode, mit dem Ziel, eine "gute" Übersetzung zu erarbeiten.

Die Sünde der übertriebenen Nachsicht und die kontextuelle Methode selbst, schreibt Gellner, sind eng verknüpft mit dem relativistisch-funktionalistischen Verständnis des Denkens, das bis zur Aufklärung zurückreicht.

"Das (ungelöste) Dilemma, dem sich das Denken der Aufklärung gegenübersah, lag zwischen einer relativistisch-funktionalistischen Auffassung des Denkens und den Absolutheitsansprüchen der aufgeklärten Vernunft. Den Menschen als Teil der Natur zu sehen, wie es die aufgeklärte Vernunft einfordert, implizierte den Wunsch, seine kognitiven und evaluativen Tätigkeiten ebenfalls als Teil der Natur zu sehen und daher, folgerichtig, als von Organismus zu Organismus verschieden. (Das ist die relativistischfunktionalistische Perspektive.) Aber indem sie gleichzeitig vorschlug, die Welt (life) durch Vernunft und Natur geleitet zu sehen, wünschte sie letztlich, diese Perspektive selbst (und in der Praxis einige andere auch) von solch einem Relativismus zu befreien" (1970: 30).

Charakteristischerweis präsentieren Gellners philosophische Formulierungen das "ungelöste Dilemma" als eine abstrakte Opposition zwischen zwei Konzepten - "einer relativistisch-funktionalistischen Auffassung des Denkens" und "den Absolutheitsansprüchen der aufgeklärten Vernunft". Aber wie funktionieren diese beiden Konzepte als "Korrelate der [...] Institutionen der [westlichen] Gesellschaft" (Gellner 1970: 18)? Es wäre nicht schwer, zu argumentieren, dass die Ansprüche der "aufgeklärten Vernunft" in Ländern der Dritten Welt real erfolgreicher sind als vielerelativistische Perspektiven, dass sie im Gegensatz zu letzteren grössere Autorität bei der Entwicklung der industriellen Ökonormen und der Formation der Nationalstaaten ausgeübt haben. Wir werden Gelegenheit haben, dies weiter zu diskutieren, wenn wir Übersetzen als einen Prozess der Macht untersuchen. Der entscheidende Punkt ist, dass die "Absolutheitsansprüche der aufgeklärten Vernunft" in Wirklichkeit eine institutionalisierte Kraft darstellen und dass sie per definitionem dazu ausersehen sind, auf fremdes Territorium vorzudringen und es in Besitz zu nehmen, dass aber ihre Opponenten (ob sie jetzt explizit relativistisch sind oder nicht) per definitionem defensiv sind. Wenn Gellner auf derselben Seite fortfährt, dieses abstrakte Dilemma, das in der Einstellung des Anthropologen zum Tragen kommt, zu charakterisieren, versäumt er es, darüber nachzudenken, was "Übersetzen zwischen Kulturen" alles impliziert, wenn es als institutionalisierte Praxis im Rahmen einer umfassenderen Beziehung zwischen ungleichen Gesellschaften gedacht wird. Denn was den Ausgangspunkt für diese spezielle Diskussion bilden sollte, ist nicht die abstrakte Logik dessen, was westliche Anthropologen in ihren Ethnographien sagen, sondern die konkrete Logik dessen, was ihre Länder (und vielleicht sie selbst) in ihrer Beziehung mit der Dritten Welt tun. Die Dilemmata des "Relativismus" erscheinen unterschiedlich, je nachdem ob wir über das abstrakte Verstehen nachdenken oder über historisch situierte Praktiken.

Wie dem auch sei, Gellner betont, dass er nicht prinzipiell gegen den anthropologischen Relativismus sei. "Mein Hauptargument gegen toleranzerzeugende kontextuelle Interpretation", schreibt er, "ist, dass sie dringend nach Vorsicht verlangt" (1970: 32). Aber warum solche Vorsicht nur für "toleranzerzeugende" und nicht für intoleranzerzeugende kontextuelle Interpretationen reserviert ist, wird nicht erklärt. Und ausserdem insistierte Gellner zuvor darauf, dass alle übersetzten Sätze zwangsläufig entweder als "gut" oder "schlecht" aufgefasst werden. Warum sollten wir nur bei denen misstrauisch werden, die "gut" erscheinen? Wenn "die vorausgehende Entscheidung besagt, dass S, die einheimische Behauptung, vorteilhaft interpretiert werden sollte, was festlegt, wieviel Kontext gerade mit einbezogen wird" (1970: 33), können wir vielleicht dem Zirkelschluss entgehen, wenn wir eine gleichgültige Haltung einnehmen? Gellner widmet sich dieser Möglichkeit nicht direkt, aber man muss wohl annehmen, dass sie keine Lösung darstellen kann, insbesondere angesichts seiner Annahme, dass "nichts [sie] in der Natur der Dinge oder Gesellschaften erkennbar vorgibt, wieviel an Kontext für eine gegebene Aussage von Bedeutung ist oder wie dieser Kontext beschrieben werden sollte" (1970: 33).

Kann diese letzte Bemerkung noch ernst gemeint sein? Nichts?! Wie sollte denn Kommunikation selbst zwischen Individuen derselben Gesellschaft möglich sein? Warum sagt man zu Fremden, dass sie etwas, das sie gesehen oder gehört haben, missverstanden haben? Schafft soziales Lernen nicht die Fähigkeiten zur Unterscheidung relevanter Kontexte? Die Antworten auf diese Fragen sollten naheliegend sein, und sie hängen damit zusammen, dass die Übersetzung des Anthropologen nicht lediglich eine Angelegenheit ist, bei der auf abstrakte Weise Sätze zur Entsprechung gebracht werden, sondern dass es vielmehr darum geht, eine andere Lebensform leben zu lernen und eine andere Sprache zu sprechen.

Welche Kontexte im Zusammenhang mit verschiedenen diskursiven Geschehnissen relevant sind, das lernt man in der Lebenspraxis; und selbst wenn es oft sehr schwer ist, dieses Wissen zu verbalisieren, so handelt es sich dennoch um Wissen über etwas, das "in der Natur der Gesellschaft" liegt, über einige Aspekte des Lebens, die anzeigen (obwohl sie nicht "diktieren,"), wieviel Kontext für eine Äusserung gerade relevant ist. Der springende Punkt ist natürlich nicht, dass der Ethnograph nicht wissen kann, welcher Kontext angemessen ist, um einer typischen Aussage Sinn zu verleihen, oder dass er veranlasst ist, bei ihrer Übersetzung mehr Milde walten zu lassen, als er es eigentlich dürfte, sondern dass seine Übersetzungsversuche möglicherweise an Schwierigkeiten rühren, die ihre Wurzeln im linguistischen Material haben, mit dem er arbeitet, und den sozialen Bedingungen, unter denen er arbeitet - beiderorts, im Feld und in seiner eigenen Gesellschaft. Mehr darüber später.

Die zweite Hälfte von Gellners Aufsatz ist Beispielen aus ethnographischen Studien gewidmet, mit dem Ziel, erstens die übertriebene Nachsicht bei der Übersetzung und zweitens die Erklärungsvorteile einer kritischen Perspektive auf die Logik fremder religiöser Diskurse darzulegen.

Der erste Komplex von Beispielen stammt aus Evans-Pritchards Nuer Religion (1956), in der merkwürdig klingende Erstübersetzungen des religiösen Diskurses der Nuer, wie die wohlbekannte Aussage, dass "ein Zwilling ein Vogel ist", reinterpretiert werden, "Eine derartige Aussage", bemerkt Gellner, "scheint mit dem Prinzip von Identität oder Widerspruchsfreiheit, oder mit dem gesunden Menschenverstand, oder mit handgreiflichen und erkennbaren Tatsachen zu kollidieren: menschliche Zwillinge sind keine Vögel, und umgekehrt" (1970: 34). Nach Gellner spricht Evans-Pritchards Reinterpretation das Denken der Nuer von der Bürde "prälogischer Mentalität" dank eines willkürlichen Gebrauchs der kontextuellen Methode frei. Um zu negieren, dass die Glaubensäusserungen der Nuer handgreiflichen Tatsachen widersprechen, wird die offensichtliche Absurdität dadurch reinterpretiert, dass man die Bedeutung der "absurden" Aussage mit "logischem" Verhalten in Verbindung bringt. Wie dies geschieht, belegt Gellner durch ein Zitat von Evans-Pritchard (wobei er vorsätzlich einen bedeutungsvollen Satz weglässt):

"Die Aussage enthält keinen Widerspruch; im Gegenteil, sie erscheint für denjenigen sehr vernünftig und sogar wahr, der sich diese Ansicht in der Sprache der Nuer und innerhalb ihres religiösen Denksystems klarmacht. [Er nimmt ihre Aussagen über Zwillinge nicht wörtlicher, als sie es tun und als sie sie verstehen.] Sie sagen nicht, ein Zwilling habe einen Schnabel, Federn usw. Auch sprechen die Nuer in ihren Alltagsbeziehungen nicht von Zwillingen als Vögeln oder handeln ihnen gegenüber, als ob sie Vögel wären" (1970; 3 5) der Satz in eckigen Klammern wurde von Gellner ausgelassen; Hervorhebung von Gellner hinzugefügt).

An dieser Stelle bricht Gellner das Zitat ab und wirft in gespielter Verzweiflung ein: "Aber was wäre denn als prälogisches Denken zu betrachten? Vermutlich nur das Verhalten einer völlig verrückten Person, die unter permanenten Halluzinationen leidet und die etwas, was offensichtlich ein Mensch ist, so behandeln würde, als hätte es alle Eigenschaften eines Vogels" (1970: 3 5). Gellner ist so bemüht, Aussagen festzuhalten, die als Ausdruck "prälogischen Denkens" zu betrachten sind (warum ist er so bemüht?), dass er nicht einmal innehält, um sorgfältig zu überlegen, was Evans-Pritchard zu tun versucht. In der Tat widmet Evans-Pritchard einige Seiten der Erklärung dieses befremdlichen Satzes. Es ist klar, dass er bemüht ist zu erklären (vom Standpunkt des sozialen Lebens der Nuer), nicht aber zu rechtfertigen (vom Standpunkt des westlichen common sense oder westlicher Werte). Das Ziel dieser Art von Exegese ist es sicherlich nicht, westliche Leser dazu zu bringen, die religiösen Praktiken der Nuer anzunehmen. Auch schliesst es nicht die Möglichkeit aus, dass individuelle Sprecher Fehler machen oder innerhalb des religiösen Diskurses Absurditäten äussern, wenn sie ihre traditionellen Denkweisen anwenden. Aus diesem Grund ist es nicht einsichtig, warum Gellner ausgerechnet auf das Beispiel aus Nuer Religion verweisen sollte, um seinen Vorwurf der übertriebenen Nachsicht von seiten der funktionalistischen Anthropologen glaubhaft zu machen. Evans-Pritchard versucht die Kohärenz zu erklären, die dem religiösen Diskurs der Nuer Sinn verleiht, nicht aber diesen Sinn zu verteidigen, so als komme ihm ein universaler Status zu - immerhin war Evans-Pritchard Katholik, vor und nach dem Verfassen seiner Monographie.

Inwieweit es nun Evans-Pritchard gelang, die grundlegende Kohärenz des religiösen Diskurses der Nuer zu erklären, ist natürlich eine andere Frage. Mehrere britische Anthropologen, zum Beispiel Raymond Firth (1966)- allerdings keine Nuer selbst, soweit mir bekannt ist -, haben Aspekte von Evans-Pritchards Interpretation in Zweifel gezogen. Aber bei solchen Meinungsverschiedenheiten geht es um die verschiedenen Möglichkeiten, wie man dem Diskurs der Nuer Sinn verleihen kann, und nicht um zuviel oder zuwenig "Nachsicht" bei der Übersetzung. Tatsächlich - und dies steht im Gegensatz zu Gellners Behauptung - macht Evans-Pritchards Auslegung offensichtliche "Widersprüche" oder zumindest Mehrdeutigkeiten in den Nuer-Konzepten explizit deutlich, zum Beispiel zwischen der Vorstellung eines "höchsten und omnipräsenten Wesens" und der von "niedrigeren Gelstern" die beide als kwoth kategorisiert werden. Und gerade weil Evans-Pritchard darauf besteht, die unterschiedlichen Bedeutungen von kwoth als Teile "eines Konzepts" zusammenzudenken, anstatt sie als Homonym zu behandeln (so wie es vielleicht Malinowski getan haben würde, indem er das Wort auf verschiedene Anwendungskontext bezieht), kann er sagen, dass das Nuer Konzept von Geist "widersprüchlich" ist. Aber ob die Identifikation von Mehrdeutigkeiten und "Widersprüchen" im konzeptuellen Basisrepertoire einer Sprache einen offenkundigen Beweis für "prälogisches Denken" liefert, ist natürlich eine andere Sache - ich würde sagen, dass nur jemand mit einem äusserst naiven Verständnis von alledem, was bei einer Übersetzung im Spiel ist, derartiges denken kann.

Bezeichnenderweise weicht Gellner in seinem Diskurs gerade den Themen aus, die er aufzuwerfen scheint, und zwar so, dass er den Leser von einem geschickt formulierten Dementi zum nächsten jagt.

"Ich möchte nicht missverstanden werden: Ich sage nicht, dass Evans-Pritchards Interpretation der Nuer-Konzepte schlecht ist. (Auch liegt mir nichts daran, ˆ la Levy-Bruhl eine Doktrin des prälogischen Denkens wiederzubeleben.) Im Gegenteil, ich hege die grösste Bewunderung ihr gegenüber. Ich würde aber gern geltend machen, dass die kontextuelle Interpretation, die einen Zugang zu dem bietet, was Aussagen "wirklich meinen"im Gegensatz zu dem, was sie zu bedeuten scheinen, wenn man sie isoliert betrachtet, die Sache allein keiner Klärung näherbringt" (1970: 38).

Nun, wer hat denn einen diesbezüglichen Anspruch erhoben? Mit Sicherheit nicht Evans-Pritchard. In jedem Fall aber handelt es sich bei dem Gegensatz zwischen einer "kontextuellen Interpretation" und einer nicht-kontextuellen um einen Pseudogegensatz. Nichts hat "isoliert" Bedeutung. Das Problem besteht allein darin, auf welchen Kontext man sich bezieht.

Aber dieser Aspekt wird von Gellner niemals diskutiert, ausser wenn er darauf hinweist, dass die Antwort notwendig einen circulus vitiosus enthalte - oder indem er wiederholt vor "übertriebener" Nachsicht warnt (wann ist Nachsicht nicht "übertrieben"?). Er scheint unsensibel dafür zu sein, dass ein Übersetzer der Schwierigkeit, den relevanten Kontext festzulegen, in jedem Fall durch seine Fertigkeiten im Umgang mit den betreffenden Sprachen begegnet und nicht durch eine apriorische "Haltung" der Toleranz oder Intoleranz. Und Fertigkeiten werden erlernt - das heisst: in einem notwendigen, aber keinesfalls vitiöse Kreisprozess. Wir befassen uns nicht damit, auf abstrakte Weise zwei Satzkomplexe in Entsprechung zu bringen, sondern mit einer sozialen Praxis, die in bestimmten Lebensweisen begründet ist. Ein Übersetzer mag Fehler machen, oder er mag wissentlich etwas falsch darstellen - genauso wie die Menschen in ihrem Alltagsleben Fehler machen oder lügen. Aber wir sind nicht in der Lage, ein Generalrezept dafür zu geben, wie solche Dinge zu erkennen wären, besonders nicht mittels Warnungen, bei der "kontextuellen Methode der Interpretation" Vorsicht walten zu lassen.

Und so kommen wir zu einem weiteren dieser fabelhaften Dementi von Gellner "Wenn ich das alles anführe, so geschieht es nicht, um Skepsis und Agnostizismus das Wort zu reden, sobald es darum geht, herauszufinden, was die Mitglieder anderer Sprachgemeinschaften meinen, auch nicht um für Enthaltsamkeit von der kontextuellen Methode der Interpretation zu plädieren. (Im Gegenteil, ich trete für ihren uneingeschränkten Gebrauch ein, uneingeschränkt in dem Sinn, dass man die Möglichkeit gelten lässt, dass das, was die Leute sagen, manchmal absurd ist.)" (1970: 39) Das Fabelhafte an dieser Behauptung liegt in Gellners unverschämter Aneignung der Methode des Gegners, die er dazu verwendet, seine eigene, unverkennbare Position zu untermauern.

Aber bevor er diesen Schritt unternimmt, gibt er uns weitere Beispiele für die toleranzheischende kontextuelle Methode, die sich in Leachs Political Systems of Highland Burma finden. So sind nach Leach die Aussagen der Kachin über die übernatürliche Welt "letztlich nicht mehr als Beschreibungen der formellen Beziehungen, die zwischen realen Personen und realen Gruppen in der normalen Gesellschaft der Kachin existieren" (zitiert in 1970: 40) An diesem Punkt hakt Gellner ein: "Es ist nun möglich, zu erkennen, was geschehen ist. Leachs Auslegungsverfahren hat auch die Kachin davor bewahrt, dass man für bare Münze nimmt, was sie zu sagen scheinen", und das erlaubt es, "solchen Aussagen Bedeutung zuzuerkennen, die ansonsten einer solchen entbehrt hätten" (1970: 41). Gellner fährt mit der Behauptung fort, er sei nicht angetreten, Leachs Interpretation in Zweifel zu ziehen, sondern nur "zu zeigen, dass die Breite des Kontextes und die Art, wie dieser Kontext gesehen wird, die Interpretation notwendig beeinflussen" (1970: 41). Es handelt sich hier um eine bezeichnende Bemerkung, denn es ist wahrhaftig nicht Leachs Reduktionismus, gegen den sich Gellner wendet (wir werden sehen, wie er später, im Zusammenhang mit der religiösen Ideologie der Berber, selbst auf ihm beharrt), sondern die Tatsache, dass dieses Beispiel von Reduktionismus -. den Gellner fälschlicherweise "Kontextualismus" nennt - den kulturellen Diskurs, um den es geht, eher zu verteidigen als anzugreifen scheint.

Gellner beginnt seine Demonstration, wie denn "der Unnachsichtige in einem sekundären, tieferen und zutreffenderen Sinne zum "Kontextualisten"werden kann" (1970: 42), damit, dass er ein fiktives Wort in einer fiktiven Gesellschaft präsentiert -das "boble",dessen Gebrauch auffallend dem des englischen Begriffs "noble" ähnelt. So erfahren wir, dass es auf Personen angewendet werden kann, die bestimmte Verhaltensgewohnheitenan den Tag legen, genauso wie auf Personen, die einen bestimmten sozialen Status besitzen, unabhängig von ihrem Verhalten. "Aber entscheidend ist. die Gesellschaft, um die es sich hier handelt, unterscheidet, keine zwei Konzepte, boble (a) und boble (b). Sie gebraucht nur schlicht und einfach das Wort boble" (1970: 42). Die Logik der bobility wird dann weiter untersucht, um zu zeigen, dass


"bobility eine konzeptuelle Erfindung ist, durch die sich die privilegierte Klasse in der betreffenden Gesellschaft etwas von dem Prestige bestimmter, in dieser Gesellschaft respektierter Tugenden aneignen kann, ohne sich der Unannehmlichkeit auszusetzen, diese auch praktizieren zu müssen. Und dies dank der Tatsache, dass dasselbe Wort sowohl für diejenigen Verwendung findet, die diese Tugenden praktizieren, als auch für die Inhaber der bevorzugten Positionen. Es handelt sich gleichzeitig um eine Wirkungsverstärkung dieser Tugenden, indem man sie, durch den Gebrauch derselben Bezeichnung, mit Prestige und Macht in Verbindung bringt. Nur muss all das gesagt werden, und solches zu sagen ist gleichbedeutend damit, die interne logische Inkohärenz des Konzepts herauszuarbeiten - eine Inkohärenz, die in der Tat sozial funktional ist" (1970: 42).

Tatsächlich wird das Konzept der bobility nicht als inkohärent präsentiert - auch wenn man akzeptiert, dass die Mehrdeutigkeit des Wortes seinen Gebrauch im politischen Diskurs zur Konsolidierung der Legitimität der herrschenden Klasse erlaubt (und deshalb im Prinzip auch zur Aushöhlun dieser Legitimität). Gellners zufriedene Schlussfolgerung aus seinem fiktiven Beispiel ist sicherlich etwas zu voreilig: "Wie dem auch sei, dies zeigt, dass der übertrieben nachsichtige Übersetzer, fest entschlossen, die Konzepte, die er untersucht, gegen den Vorwurf logischer Inkohärenz zu verteidigen, zwangsläufig eine Fehlbeschreibung der sozialen Situation liefern muss. Den Konzepten Sinn zuzubilligen bedeutet, die Gesellschaft für unsinnig zu erklären" (1970: 42) Hervorhebung von T.A . Selbstverständlich erscheint das Wort bobility für seine Verwender im Zusammenhang mit bestimmten Aussagen sinnvoll (oder sie würden es nicht verwenden), es erscheint - allerdings in einer anderen Art und Weise - auch für Gellner sinnvoll, der feststellt, dass es durch die Täuschung seiner Verwendet eine soziale Struktur irgendwie stabilisiert. Wie Wahrheit oder Unwahrheit sind auch Sinn oder Unsinn auf Aussagen anzuwenden und nicht auf abstrakte Konzepte. Es scheint mir hier kein Beweis für ein "unsinniges" Konzept vorzuliegen, da keine Analyse sozial eingebetteter Aussagen vorgelegt wird.

Allerdings wird anhand dieses Beispiels ein wesentlich wichtigeres Versäumnis offenkundig: das Fehlen auch nur des geringsten Versuchs, seine Kohärenz zu erkunden - das, was seiner sozialen Wirkung potentielle Stärke verleiht. Natürlich verwendet der politische Diskurs Lügen, Halbwahrheiten, logische Tricks usw. Aber solche erzeugen niemals seinen zwingenden Charakter, genausowenig wie der Gebrauch wahrer und verständlicher Aussagen, und es ist genau die Zwanghaftigkeit, um die es in Gellners Beispiel geht. Nicht der abstrakte logische Status von Konzepten ist hier von Bedeutung, sondern die Art, in der spezifische politische Diskurse das Verhalten der Menschen innerhalb kultureller Situationen mobilisieren und lenken. Der Zwangscharakter von bobility als eines politischen Konzepts ist kein Merkmal einfältiger Gemüter, sondern ein Merkmal kohärenter Diskurse und Praktiken. Für einen Übersetzer machtvoller politischer Ideologlen ist es deshalb unentbehrlich, zu versuchen, etwas von dieser Kohärenz zu vermitteln. Das Konzept für unsinnig zu erklären bedeutet, die Gesellschaft für unsinnig zu erklären.

Gellners letztes Beispiel entstammt seiner eigenen Feldforschung bei den Berbern Zentralmarokkos; an diesem Beispiel gedenkt er die Behauptung zu untermauern, dass derjenige, der ohne Nachsicht kontextualisiert, der von ihm beschriebenen Gesellschaft mehr Sinn zubilligen kann, indem er die Inkohärenz der Konzepte betont. "Zwei Konzepte sind von Bedeutung", schreibt er, "baraka und agurram (pl. igurramen). Das Wort baraka kann schlicht und einfach "genug"heissen, aber es meint auch Überfluss und darüber hinaus Glück, welches sich unter anderem durch Wohlstand offenbart, und die Kraft, durch übernatürliche Mittel für andere Wohlstand zu erzeugen. Ein agurram ist jemand, der baraka besitzt" (1970: 43).

Igurramen - in Gellner späteren Schriften mit "Heilige" übersetzt (zum Beispiel 1969) - bilden eine ziemlich privilegierte und einflussreiche Minorität in der tribalen Gesellschaft der zentralmarokkanischen Berber; sie fungieren als Foki religiöser Werte, aber auch als Mittler und Schlichter innerhalb der tribalen Bevölkerung, in der sie leben. "Der lokale Glaube besagt, dass sie von Gott auserwählt sind. Überdies offenbart Gott seine Wahl, indem er diejenigen, die er auserwählt hat, mit bestimmten Merkmalen ausstattet, darunter magische Kräfte und grosse Freigebigkeit, Wohlstand, eine Haltung ungetrübten Vertrauens in die göttliche Vorsehung (1), Pazifismus usw." (1970: 43)

Das ist Gellners "Übersetzung". Aber sein allzu leicht von den Lippen gehendes religiöses Vokabular mit starkem und vielleicht gar nicht zur Sache gehörendem christlichen Unterton muss an diesem Punkt Zweifel wecken und Fragen aufkommen lassen. Was genau sind denn die Verhaltensweisen und Diskurse, die hier als "Haltung ungetrübten Vertrauens in die göttliche Vorsehung", "offenbart seine Wahl" und "ausstatten" übersetzt wurden? Glauben die Berber, dass Gott ihre "Heiligen" mit Dispositionen und Merkmalen wie "grosse Freigebigkeit und Pazifismus" ausstattet, oder gehen sie nicht vielmehr davon aus, dass diese Merkmale Voraussetzungen für Heiligkeit sind, für die Nähe der igurramen zu Gott? Verhalten sich die Berber wirklich so, als seien religiöse und moralische Tugenden "Offenbarungen" der göttlichen Wahl? Was sagen sie und wie verhalten sie sich, wenn Personen die Tugenden, über die sie verfügen sollten, nicht an den Tag legen? Von wem wird das Verhalten eines agurram als eine "Haltung ungetrübten Vertrauens in die göttliche Vorsehung" konzeptualisiert wenn er Familie und Eigentum hat und beides von den Berbern als absolut angemessen angesehen wird? Gellner gibt dem Leser das zur Beantwortung dieser wichtigen Fragen notwendige Beweismaterial nicht an die Hand, und die Bedeutung dieser Fragen für die Übersetzung wird sich gleich zeigen.

"Wie auch immer, die wirkliche Sachlage ist die, dass die igurramen tatsächlich durch die umwohnenden normalen Stammesmitglieder, die ihre Dienste in Anspruch nehmen, gewählt werden; und zwar indem man sie auffordert, diese Dienste zu erbringen und dadurch den rivalisierenden Kandidaten gegenüber bevorzugt. Was als vox Dei erscheint, ist in Wirklichkeit vox populi. Die Sache mit den heiligen Merkmalen, den Stigmata[sic] der agurram-schaft ist überdies noch komplizierter. Es ist wesentlich, dass die erfolgreichen Kandidaten, die sich um den Status des agurram bewerben, mit diesen Merkmalen begünstigt sind, aber es ist, wenigstens in bezug auf einige von ihnen, ebenso wesentlich, dass sie diese nicht wirklich im Besitz haben. Zum Beispiel: ein agurram, der aus einer Haltung des ungetrübten Vertrauens in die göttliche Vorsehung heraus extrem freigebig ist, würde sehr bald verarmt sein und dann die andere entscheidende Prüfung, die Prüfung des Wohlstands, nicht bestehen. Es existiert hier eine entscheidende Divergenz zwischen Konzept und Realität, eine Divergenz, die überdies sehr wesentlich für das Funktionieren des sozialen Systems ist" (1970: 43 f.).

Aus Gellners Beschreibung wird keineswegs deutlich, was mit der Aussage "der lokale Glaube besagt, dass sie von Gott auserwählt sind" gemeint ist - für was denn genau "auserwählt"? Um Schlichter zu sein? Aber Schlichtungsverfahren müssen von dem einen oder anderen Mitglied der tribalen Gesellschaft eingeleitet werden, und dieser Sachverhalt dürfte den Stammesmitgliedern kaum unbekannt sein. Um pazifistisch zu sein? Pazifismus ist jedoch eine Tugend, nicht eine Belohnung. Um weltlichen Erfolg und Wohlstand zu erlangen? Aber das kann doch wohl keine lokale Definition von Heiligkeit sein - oder die französischen Kolonialherrscher hätten als heiliger gelten müssen als jeder agurram.

Es ist für einen europäischen Anthropologen wahrhaftig keine grosse erklärerische Ruhmestat, seinen agnostischen und/oder modernen europäischen Leser darüber zu informieren, dass die Berber an eine Art direkter Intervention der Gottheit in ihre Angelegenheiten glauben, dass sie sich mit diesem Glauben natürlich im Irrtum befinden und dass dieser irrtümliche Glaube soziale Konsequenzen haben kann. Bei dieser Art Übung lernen wir nicht, was die Berber glauben, sondern nur, dass das, was sie glauben, ziemlich falsch ist: so glauben die Berber, dass Gott die igurramen "auserwählt"; wir wissen, dass es keinen Gott gibt (und wenn jemand von uns immer noch "glaubt", dass es ihn gebe, so "wissen" wir, dass er nicht direkt in die säkulare Geschichte interveniert); ergo muss der "Auserwählende" ein Agent sein, den die Stammesangehörigen nicht als solchen wahrnehmen - tatsächlich eben die umwohnenden Stammesangehörigen selbst. Die igurramen sind vom Volk "auserwählt" (für eine spezielle soziale Rolle? Für eine moralische Tugend? Für eine religiöse Bestimmung?) Die "Wahl" erscheint als vox Dei und ist in Wirklichkeit doch die vox populi. Oder etwa nicht?

In Wirklichkeit ist der soziale Prozess, der vom Anthropologen beschrieben wird, nur dann der Ort einer vox, wenn vorgegeben wird, dass dieser Prozess einen kulturellen Text konstituiert. Denn ein Text bedarf eines Autors - desjenigen, der seine Stimme durch ihn hindurch hörbar werden lässt. Und wenn diese Stimme nicht die Stimme Gottes ist, so muss sie die Stimme von jemand anderem sein - des Volkes Stimme. So besteht der Atheist Gellner darauf, eine theologische Frage zu beantworten: Wer spricht durch die Geschichte, durch die Gesellschaft? In diesem speziellen Fall ist die Antwort vom Text abhängig, der zugleich die "wirkliche", unbewusste Bedeutung und ihre angemessene Übersetzung enthält. Die Verschmelzung von Signifikant und Signifikat zeigt sich in besonderer Deutlichkeit, wenn wir uns vor Augen führen, auf welche Weise versucht wird, das islamische Konzept von baraka ähnlich wie das christliche Konzept von Gnade klingen zu lassen, so wie es von einem Skeptiker des 18.Jahrhunderts geschildert worden wäre. Dies hat zur Folge, dass die Voraussetzungen für das baraka eines agurrams mit wissendem Lächeln als "Stigmata" bezeichnet werden - und mit diesem geschickten Schachzug ist schlagartig ein Teil des kulturellen Texts der Berber innerhalb des Texts von Gellner konstruiert (zurechtgemacht) und in seiner Bedeutung festgelegt (entlarvt) worden - eine exquisite Vereinigung von Wort und Sache, wie sie ansonsten in keinem seiner Werke zu finden ist.

Aber die Gesellschaft ist kein Text, der sich dem geübten Leser eigenständig mitteilt. Es sind Menschen, die sprechen. Und die letztliche Bedeutung von dem, was sie sagen, liegt nicht in der Gesellschaft - Gesellschaft ist die kulturelle Voraussetzung, unter der Sprecher handeln und unter der sie Gegenstand des Handelns sind. Gellner nimmt für sich eine privilegierte Stellung in Anspruch, wenn es darum geht, die wirkliche Bedeutung dessen, was die Berber sagen, zu entschlüsseln (ungeachtet dessen, was sie zu sagen meinen); und diese privilegierte Stellung kann nur von demjenigen behauptet werden, der glaubt, dass es beim Übersetzen anderer Kulturen im wesentlichen. darum geht, Sätze aus zwei Sprachen in Entsprechung zu bringen, derart, dass die zweite Gruppe von Sätzen die "wirkliche Bedeutung" der ersteren wiedergibt - insgesamt eine Tätigkeit, die der Anthropologe allein kontrolliert, von den Feldnotizen bis zur gedruckten Ethnographie. Mit anderen Worten, es ist die privilegierte Stellung von jemandem, der denselben Menschen, mit denen er einst zusammengeleb hat und über die er jetzt schreibt, den Dialog verweigert - und sich dieses auch noch leisten kann (siehe Asad 1973: 17)

In der Mitte seines Artikels und im Zusammenhang mit der Diskussion des anthropologischen Relativismus beklagt Gellner, dass "die Anthropologen gegenüber den Wilden, die schliesslich recht weit entfernt sind, relativistisch, tolerant und um kontextuelles Verständnis bemüht seien, wogegen sie sich gegenüber ihren direkten Nachbarn oder Vorgängern, Mitgliedern, ihrer eigenen Gesellschaft, die diesen verständnissuchenden Standpunkt nicht teilen und eine "ethnozentrische"Attitude pflegen, absolutistisch und intolerant verhalten" (1970: 3 )

Warum habe ich in diesem Artikel versucht, darauf zu insistieren, dass jeder, der mit Übersetzen aus anderen Kulturen befasst ist, sich um die Kohärenz des Diskurses bemühen muss; und warum habe ich dem Nachweis, dass Gellners Text äusserst inkohärent ist, so viele Seiten gewidmet? Der Grund ist sehr einfach: Gellner und ich, wir sprechen dieselbe Sprache, gehören derselben akademischen Profession an, leben in derselben Gesellschaft. indem ich seinem Text gegenüber kritisch Stellung beziehe, bestreite ich das, was er sagt, und übersetze es nicht. Es ist aber genau der grundlegende Unterschied zwischen diesen zwei Aktivitäten, auf dem ich beharre. Dennoch ist es nicht das Ziel meiner Argumentation, eine Haltung der "Intoleranz" gegenüber einem "unmittelbaren Nachbarn" einzunehmen; vielmehr bemühe ich mich, in seinem Text Inkohärenzen zu finden, die nach einem Heilmittel verlangen, da die anthropologische Arbeit des Übersetzens grössere Kohärenz verdient. Das Ziel dieser Kritik ist es daher, eine kollektive Anstrengung zu fördern. "Wilde, die schliesslich recht weit entfernt sind" in einer Monographie zu kritisieren, die diese nicht lesen können, hat - wie mir scheint - nicht das gleiche Ziel. Eine Kritik die verantwortungsbewusst sein will, muss sich immer an jemanden richten, der sie auch anfechten kann.

Die Ungleichheit der Sprachen

Eine aufmerksame Lektüre des Gellnerschen Artikels zeigt, dass der Autor, obwohl er eine Reihe wichtiger Fragen aufwirft, es nicht nur unterlässt, diese zu beantworten, er versäumt es auch, die wichtigsten Aspekte des Problems, mit dem sich der Ethnograph befasst, herauszuarbeiten. Das interessanteste davon, wie mir scheint, ist das Problem der - so könnte man sagen - "ungleichen Sprachen", und darauf möchte ich nun genauer eingehen.

Jede gute Übersetzung versucht, die Struktur des fremden Diskurses in der dem Übersetzer eigenen Sprache wiederzugeben. Wie diese Struktur (oder "Kohärenz") wiedergegeben wird, hängt natürlich ganz davon ab, um welches Genre es sich handelt ("Poesie", "wissenschaftliche Analyse", "Erzählung" usw.), es hängt auch ab von den Ressourcen der Sprache des Übersetzers sowie von den Interessen des Übersetzers und/oder seiner Leserschaft. jede erfolgreiche Übersetzung setzt voraus, dass sie sich einer bestimmten Sprache bedient und somit auf bestimmte Praktiken, auf eine spezifische Lebensform bezogen wird. je weiter diese Lebensform von dem Original entfernt ist, desto weniger mechanisch erfolgt die Reproduktion. Walter Benjamin schreibt: "Dagegen kann, ja muss dem Sinn gegenüber ihre Sprache [die der Übersetzung, A. d. Ü.] sich gehen lassen, um nicht dessen intentio als Wiedergabe, sondern als Harmonie, als Ergänzung zur Sprache, in der diese sich mitteilt, ihre eigene Art der intentio ertönen zu lassen" (Benjamin 1977: 59). Nebenbei bemerkt, es ist die Aufgabe des Lesers, diese intentio zu beurteilen, nicht die des Übersetzers, die Bewertung vorzugreifen. Eine gute Übersetzung muss immer der Kritik vorausgehen. Und andersherum formuliert können wir sagen, dass eine gute Kritik immer eine "immanente" ist - das heisst eine Kritik, die auf einem gemeinsamen Verstehen basiert, auf einem gemeinsamen Leben, das sie beides zu erweitern sucht und dem sie mehr Kohärenz verleihen will. Bei solch einer Kritik - nicht weniger als bei dem Gegenstand der Kritik - handelt es sich um eine mögliche Perspektive, eine (Gegen-)Version, die nur vorübergehende und begrenzte Autorität besitzt.

Was geschieht, wenn die Sprachen, um die es geht, einander so fern sind, dass es schwierig wird, eine harmonisierende intentio zu formulieren? Rudolf Pannwitz, der in dem Aufsatz von Benjamin, auf den ich gerade Bezug genommen habe, zitiert wird, kommt zu folgender Beobachtung:

"unsere übertragungen auch die besten gehn von einem falschen Grundsatz aus sie wollen das Indische, Griechische . Englische verdeutschen anstatt das Deutsche zu verindischen, vergriechischen, verenglischen. sie haben eine viel bedeutendere Ehrfurcht vor den eigenen Sprachgebräuchen als vor dem Geiste des fremden Werks [ ... ] der grundsätzliche Irrtum des übertragenden ist dass er den zufälligen stand der eignen Sprache festhält anstatt sie durch die fremde Sprache gewaltig bewegen zu lassen. er muss zumal wenn er aus einer sehr fernen Sprache überträgt auf die letzten Elemente der Sprache selbst wo Wort, Bild, Ton in eines geht zurück dringen er muss seine Sprache durch die fremde erweitern und vertiefen" (zitiert nach Benjamin 1977: 61).

Dieser Ruf nach Umgestaltung einer Sprache, damit die Kohärenz des Originals übertragen werden kann, bildet für denjenigen eine interessante Herausforderung, der sich mit einer absurd klingenden Übersetzung unter der Annahme, dass das Original genauso absurd gewesen sein müsse, zufriedengibt: der gute Übersetzer oder die gute Übersetzerin nimmt nicht sofort an, dass aussergewöhnliche Schwierigkeiten bei der Übertragung des Sinngehalts eines fremden Diskurses auf der Fehlerhaftigkeit des letzteren beruhen, vielmehr überprüft er bzw. sie kritisch den Status seiner oder ihrer eigenen Sprache. Die entscheidende Frage ist daher nicht, wie gross die Toleranz ist, die sich in der Haltung der Übersetzerin gegenüber dem ursprünglichen Autor zeigt (ein abstraktes ethisches Dilemma), sondern wie sie die Toleranz ihrer eigenen Sprache prüft, wenn es gilt, ungewohnte Formen aufzunehmen beziehungsweise sich anzueignen.

Aber dieser Vorstoss über die Grenzen des eigenen Sprachgebrauchs hinaus, dieses Einreissen und Neugestalten der eigenen Sprache im Prozess des Übersetzens, ist niemals ein leichtes Unterfangen. Zum Teil deshalb (und man erlaube mir eine Personifizierung), weil es davon abhängt, inwieweit dieSprache des Übersetzers gewillt ist, sich dieser Transformationsmacht zu unterwerfen. In etwas fiktiver Weise attribuiere ich der Sprache Willenskraft, da ich betonen möchte, dass ein Übersetzer niemals durch seine individuellen Bemühungen diese Angelegenheit entscheiden kann (genausowenig wie der Sprecher die Entwicklung seiner Sprache beeinflussen kann) - diese Dinge sind von institutionalisierten Machtrelationen zwischen den entsprechenden Sprachen und Lebensformen bestimmt. Um es platt auszudrücken: Weil die Sprachen der Dritte-Welt-Gesellschaften -und hier sind natürlich auch die Gesellschaften einbezogen, welche die Sozialanthropologen traditionell studiert haben - im Verhältnis zu den westlichen Sprachen (und heute speziell zum Englischen) "schwächer" sind, werden sie im Prozess des Übersetzens eher einer gewaltsamen Transformation unterzogen, als umgekehrt. Die Gründe dafür sind erstens, dass im Rahmen der politischökonomischen Beziehungen zu den Ländern der Dritten Welt die westlichen Nationen die grösseren Fähigkeiten zu deren Manipulation besitzen. Und zweitens, dass westliche Sprachen erwünschtes Wissen bereitwilliger produzieren und entfalten als die Dritte-Welt-Sprachen. (Das Wissen, das die Sprachen der Dritten Welt müheloser hervorbringen, wird von den westlichen Gesellschaften nicht in derselben Weise oder aus denselben Gründen begehrt.)

Man nehme als Beispiel das moderne Arabisch. Seit dem frühen 18. Jahrhundert gibt es eine wachsende Sammlung von Texten, die aus europäischen Sprachen - besonders Französisch und Englisch - ins Arabische übersetzt wurden. Darunter befinden sich Texte aus den Naturwissenschaften ebenso wie aus den "Sozialwissenschaften", aus "Geschichte", "Philosophie" und "Literatur". Das Resultat ist, dass das Arabische seit dem 18. Jahrhundert einen Wandlungsprozess durchzumachen begann (lexikalisch, grammatikalisch, semantisch), der bedeutend radikaler ist als irgend etwas, was man in europäischen Sprachen festgestellt hat -eine Transformation, die das Arabische den europäischen Sprachen weitaus näher gerückt hat, als es in der Vergangenheit der Fall war. Solche Wandlungsprozesse signalisieren Machtungleichheiten (das heisst Ungleichheiten in der Aufnahmefähigkeit) der jeweiligen Sprachen im Verhältnis zu den herrschenden Formen des Diskurses, die übersetzt wurden und immer noch übersetzt werden. Vielfältiges Wissen ist zu erlernen, ebenso wie es eine Unmenge von Modellen gibt, die es zu imitieren und zu reproduzieren gilt. In manchen Fällen ist die Kenntnis dieser Modelle eine Voraussetzung für die Produktion weiteren Wissens, in anderen Fällen ist sie ein Selbstzweck, Nachahmung einer Geste der Macht, ein Ausdruck des Verlangens nach Veränderung. Die Anerkennung dieser altbekannten Tatsache erinnert uns daran, dass der Industriekapitalismus in der Dritten Welt nicht nur die Produktionsweisen transforrniert, sondern auch Arten von Wissen und Lebensweisen. Und mit ihnen Sprachformen. Daraus resultiert, dass diese halbtransformierten Lebensweisen Mehrdeutigkeiten begünstigen, die ein ungeübter westlicher Übersetzer in Richtung seiner eigenen "starken" Sprache glättet.

Was bedeutet diese Beweisführung für das anthropologisch Konzept des Übersetzens zwischen Kulturen? Dass es vielleicht eine grössere Zähigkeit der ethnographischen linguistischen Konventionen gibt, eine grössere intrinsische Widerspenstigkeit, als durch individuelle Experimente ethnographischer Repräsentation überwunden werden könnte.

In seinem scharfsinnigen Aufsatz "Modes of Thought", deGellner in Hinblick auf die übermässig wohlwollenden Annahmen über die Kohärenz "primitiven Denkens" kritisiert hat, meint Lienhardt:

"Wenn wir mit den Wilden leben und ihre Sprache sprechen, wenn wir lernen, ihre Erfahrungen in der ihnen eigenen Weise für uns zu repräsentieren, dann nähern wir uns ihrer Art zu denken so weit an, als wir dies können, ohne aufzuhören, wir selbst zu sein. Schliesslich versuchen wir, ihre Konzeptionen mit Hilfe logischer Konstrukte zu repräsentieren, mit deren Anwendung wir aufgewachsen sind. Und bestenfalls hoffen wir, auf diese Weise das, was in ihrer Sprache ausgedrückt werden kann, mit dem in Übereinstimmung zu bringen, was in unserer auszudrücken ist. Wir vermitteln zwischen ihren Denkgewohnheiten, die wir uns zusammen mit ihnen angeeignet haben, und denen unserer eigenen Gesellschaft; und indem wir das tun, erkunden wir letztlich nicht irgendwelche mysteriöse "primitive Philosophie", sondern weitere Möglichkeiten unseres Denkens und unserer Sprache" (1954: 96f.).

Während der Feldarbeit findet, wie Lienhardt richtig feststellt, der Prozess des Übersetzens in jedem Augenblick statt, in dem sich der Ethnograph an einer spezifischen Art zu leben beteiligt - gerade so wie ein Kind, das lernt, in einer spezifischen Kultur aufzuwachsen. Er lernt, sich in einer neuen Umwelt und in einer neuen Sprache zurechtzufinden. Und wie ein Kind muss er explizit in Worte fassen, was die richtige Art ist, Dinge zu tun - denn dies ist die Art und Weise, wie Lernen vor sich geht (vgl. A. R. Lurla ,über "synpraktische Rede" [synpraxic speech] in Lurla und Yudovich 1971: So). Wenn das Kind bzw. der Anthropologe in der Lage Ist, die Lebensweise der Erwachsenen zu meistern, dann wird das, was es oder er gelernt hat, implizit - zu Annahmen über eine gemeinsame Lebensweise, mit all ihren Resonanzen und Unklarheiten.

Aber lernen, eine neue Lebensweise zu leben, ist nicht dasselbe, wie etwas über eine andere Lebensweise zu lernen. Wenn die Anthropologen in ihre jeweiligen Länder zurückkehren, müssen sie "ihr Volk" beschreiben, und sie müssen dies gemäss den Konventionen der Repräsentation tun, die von ihrer Disziplin, den Institutionen und der übrigen Gesellschaft bereits definiert ("umschrieben", "begrenzt") wurden. "Übersetzen zwischen Kulturen" muss sich an eine andere Sprache anpassen, wobei nicht nur das Englische dem Dinka gegenübersteht oder dem Kabbashi Arabisch, sondern auch eine Konfrontation zwischen dem akademischen Betrieb der britischen Mittelklasse und der Lebensweise des "tribalen" Sudans stattfindet. Die Starrheit einer machtvollen etablierten Lebensstruktur ,mit ihren eigenen diskursiven Spielen, ihren eigenen "starken" Sprachen, dies ist es, was letztlich über die Effektivität der Übersetzung entscheidet. Die Übersetzung richtet sich an ein bestimmtes Publikum, das nur darauf eingestellt ist, über andere Lebensweisen zu lesen und den Text entsprechend etablierter Regeln zu manipulieren, nicht aber zu lernen, eine neue Lebensweise zu leben.

Wenn Benjamin mit seiner Äusserung recht hatte, dass Übersetzungen keineswegs eine mechanische Reproduktion des Originals erfordern, sondern eine Harmonisierung mit dessen intentio, so folgt daraus, dass es keinen Grund gibt, warum dies immer auf ein und dieselbe Art und Weise getan werden sollte. Tatsächlich könnte man das Argument vorbringen, dass "das Übersetzen" einer fremden Lebensform, einer anderen Kultur nicht immer am besten mit Hilfe des repräsentationalen Diskurses der Ethnographie geschieht, sondern dass unter bestimmten Umständen die Aufführung eines Dramas, die Vorführung eines Tanzes, das Spielen eines Musikstückes durchaus angemessener wäre. Dies alles wären Produktionen des Originals und nicht nur reine Interpretationen: transformierte Augenblicke des Originals, nicht seine autoritativen textlichen Repräsentationen (vgl. Hollander 1959). Aber würden die meisten Sozialanthropologen dies als gelungene Versuche einer "Übersetzung von Kultur" anerkennen? Ich glaube nicht, denn diese Produktionen erheben Anspruch auf eine vollkommen andere Dimension in der Beziehung zwischen dem anthropologischen "Werk" und seinem Publikum; sie werfen die Frage auf nach unterschiedlichen Gewohnheiten (Praktiken), im Gegensatz zu lediglich unterschiedlichen Schreibweisen und Lesarten (Bedeutungen) dieses Werkes. Und als Sozialanthropologen sind wir dann geübt, die anderen kulturellen Ausdrucksweisen als Texte zu übersetzen, wir sind nicht darin geübt, solche kulturellen Fähigkeiten in unsere eigene Lebensweise einzuführen und zu verbreiten, die wir von anderen Lebensweisen erlernt haben. Es scheint mir sehr wahrscheinlich, dass der Begriff von Kultur als Text diese Perspektive auf unser Ziel bestärkt hat, denn er erleichtert die Annahme, dass Übersetzung im wesentlichen eine Angelegenheit verbaler Repräsentation ist.

Andere Kulturen lesen

Die Ungleichheit im Machtpotential der Sprachen zusammen mit der Tatsache, dass der Anthropologe typischerweise für ein überwiegend akademisches, Englisch-sprechendes Publikum über eine illiterate (oder zumindest nicht Englisch-sprechende) Bevölkerung schreibt, fördert eine Tendenz, die ich nun diskutieren möchte: die Tendenz, das Implizite fremder Kulturen zu lesen.

Nach Meinung vieler Sozialanthropologen ist nicht die in einer bestimmten historischen Situation geäusserte Rede der Gegenstand ethnographischer Übersetzung (das ist die Aufgabe von Folklore-Forschern und Linguisten), sondern "Kultur". Um aber Kultur zu übersetzen, muss der Anthropologe zunächst die impliziten Bedeutungen, die hinter, in oder jenseits der situationsgebundenen Rede liegen, lesen und wieder einschreiben. Mary Douglas hat dies treffend ausgedrückt:

"Der Ethnologe, der das Gesamtbild des Kosmos, das hinter [den beobachteten] Praktiken steht, nachzeichnet, tut der primitiven Kultur Gewalt an, wenn er die Kosmologie als eine scheinbar systematische Philosophie darstellt, der die einzelnen bewusst anhängen. [ ... ] Daher ist die primitive Weltsicht, wie ich sie oben definiert habe, selten selbst der Gegenstand der Kontemplation und der Spekulation in der primitiven Kultur. Sie ist im Anschluss an andere Institutionen entstanden, also indirekt hervorgebracht worden, und in diesem Sinne muss die primitive Kultur als sich ihrer selbst, ihrer eigenen Bedingungen nicht bewusst aufgefasst werden" (19S5: 120).

 

Was das Übersetzen betrifft, so liegt ein Unterschied zwischen dem Anthropologen und dem Linguisten vielleicht in folgendem: Während der Linguist mit einem bestimmten, in der untersuchten Gesellschaft unmittelbar produzierten Teilstück des Diskurses konfrontiert ist, eines Diskurses, der danach textuallsiert wird, muss der Anthropologe den Diskurs als kulturellen Text konstruieren, in dem Sinne, dass die Bedeutungen dem breiten Feld der Praktiken implizit sind. Die Konstruktion eines kulturellen Diskurses und seine Übersetzung erscheinen so als Facetten ein und derselben Tätigkeit. Dieser Aspekt wird in den Kommentaren von Douglas über ihre eigene Übersetzung der Bedeutung des Pangolin-Kults bei den Lele deutlich.

"Es gibt bei den Lele keine theologischen oder philosophischen Bücher, die die Bedeutung des Kultes darlegen. Weder sind mir seine metaphysischen Implikationen von den Lele ausführlich erklärt worden, noch habe ich zumindest eine Unterhaltung zwischen Wahrsagern belauscht. [ ...]
Welchen Beweis für die Bedeutung dieses oder jedes anderen Kultes kann man sinnvollerweise verlangen? Er kann viele verschiedene Ebenen und Arten von Bedeutungen haben. Die Bedeutung, auf die ich meine Argumentation gründe, ist jene, die sich aus einer Struktur ergibt, deren Teile nachweislich in einer geordneten Beziehung zueinander stehen. Ein Mitglied der Gesellschaft muss nicht notwendig die ganze Struktur kennen, ebensowenig wie der Sprecher einer Sprache sich explizit zum Verwenden der Sprachstrukturen äussem können muss" (1985: 224).

Ich habe an anderer Stelle (Asad 1983) die Ansicht vertreten, dass die Tatsache, einer fremden Praxis implizite Bedeutungen zuzuschreiben - egal ob sie von den Handelnden selbst anerkannt werden - eine charakteristische Erscheinungsform theologischer Übungen ist, mit einer lang zurückreichenden Geschichte. Hier möchte ich anmerken, dass die Bezugnahme auf vom Sprecher erzeugte linguistische Strukturen keine gute Analogie abgibt, da es sich bei Sprachstrukturen nicht um Bedeutungen handelt, die man übersetzen müsste, sondern vielmehr um systematisch zu beschreibende und zu analysierende Regeln. Ein einheimischer Sprecher weiss wohl, wie solche Strukturen erzeugt werden, selbst wenn er dieses Wissen keineswegs explizit in Form von Regeln verbalisieren kann. Das offensichtliche Fehlen der Fähigkeit, solches soziales Wissen in Worte zu fassen, ist nicht notwendigerweise ein Beweis für die Existenz unbewusster Bedeutungen (vgl. Dummett iggi). Das Konzept der "unbewussten Bedeutung" gehört zu einer Theorie der Verdrängung ins Unbewusste ˆ la Freud, in deren Kontext man von einer Person sagen kann, sie "wisseÇ"etwas unbewusst.

Das Unterfangen, unbewusste Bedeutungen im Zuge des "Übersetzens zwischen Kulturen" herauszufinden, ist von daher besser mit den Aktivitäten des Psychoanalytikers zu vergleichen als mit denen des Linguisten. In der Tat haben britische Sozialanthroplogen zuweilen ihre Arbeit in exakt diesen Begriffen präsentiert. So schreibt David Pocock, ein Schüler von Evans-Pritchard:

"Kurzum, die Arbeit des Anthropologen kann als Übersetzungstätigkeit von höchster Komplexität angesehen werden, bei der Autor und Übersetzer zusammenarbeiten. Eine noch treffendere Analogie wäre die der Beziehung zwischen dem Psychoanalytiker und seinem Patienten. Der Analytiker gewinnt Zugang zu der privaten Welt seines Patienten, um die Grammatik seiner privaten Sprache zu lernen. Wenn die Analyse dabei stehenbleibt, so unterscheidet sie sich nicht vorn Verstehen, das zwischen zwei Personen, sie sich gut kennen, gegeben ist [!]. Sie wird in dem Masse wissenschaftlich, wie die private Sprache intimen Verstehen in öffentliche Sprache übersetzt wird, wenn auch, vorn Standpunkt des Laien aus gesehen, in eine spezialisierte Sprache, im vorliegenden Falle die der Psychologen. Aber der spezifische Akt des Übersetzens zerstört nicht die private Erfahrung des Patienten und ist im Idealfall, zumindest aber potentiell, für ihn als eine wissenschaftliche Reflexion dieser Erfahrung akzeptabel. In ähnlicher Weise ist das Modell des politischen Lebens der Nuer, das sich in Professor Evans-Pritchards Werk herauskristallisiert, ein bedeutungsvolles Modell für seine soziologischen Kollegen als Soziologen. Und es beansprucht Gültigkeit, da es für die Nuer in so etwas wie einer Idealsituation, in der man von ihnen annimmt, dass sie Interesse an sich selbst als gesellschaftliche Menschen haben, potentiell annehmbar ist. Von diesem Standpunkt aus mag die Zusammenarbeit der Naturwissenschaftler als eine sich in Entwicklung befindliche Sprache aufgefasst werden, die einigen Menschen erlaubt, auf immer subtilere Weise über einen bestimmten Bereich der natürlichen Phänomene, der durch den Namen einer spezifischen Wissenschaft definiert ist, zu kommunizieren. Ihre Wissenschaft ist, wörtlich genommen, der von ihnen geteilte Sinn[common sense], die geteilte Bedeutung. Von diesem gemeinsamen Sinn zum "gesunden Menschenverstand" ["common sense"] des breiten Publikums überzugehen bedeutet erneut einen Akt der Übersetzung. Die Situation der Sozialanthropologie oder allgemein der Soziologie, ist auf dieser Stufe nicht sehr viel anders. Der Unterschied liegt darin, dass soziologische Phänomene nur so weit objektiv untersucht werden können, wie ihre subjektive Bedeutung Berücksichtigung findet, und auch darin, dass die untersuchten Menschen potentiell fähig sind, das soziologische Wissen, das der Soziologe über sie besitzt, zu teilen" (1961: 88 f., Hervorhebung von T. A.).

Ich habe diesen bemerkenswerten Abschnitt in voller Länge zitiert, weil er in sehr klarer Weise eine Position wiedergibt, die, wie ich glaube, für viele Anthropologen die ansonsten von sich glauben, dass sie in sehr verschiedenen Unternehmungen engagiert sind, weitgehend annehmbar ist. Ich habe den Abschnitt auch deshalb angeführt, weil der Charakter der Zusammenarbeit zwischen "Autor und Übersetzer" in der anschliessenden Bezugsnahme auf den Psychoanalytiker als Wissenschaftler treffend zum Ausdruck gebracht wird: Wenn dem anthropologischen Übersetzer, ebenso wie dem Analytiker, letzte Autorität bei der Festlegung der Bedeutungszuschreibungen zukommt, die sein Subjekt/Objekt vornimmt, so wird ersterer zum wirklichen Autor dieser Bedeutungen. Aus dieser Perspektive betrachtet ist "Übersetzen zwischen Kulturen" eine Sache des Festlegens impliziter Bedeutungen - nicht der Bedeutungen, zu denen sich der einheimische Sprecher in seiner Rede tatsächlich bekennt, auch nicht der Bedeutungen, die der einheimische Hörer notwendigerweise akzeptiert, sondern der Bedeutungen, die er "in einer Idealsituation potentiell" mit der wissenschaftlichen Autorität "zu teilen fähig ist": wenn er zum Beispiel mit Gellner sagen kann, dass die vox Dei in Wirklichkeit die vox populi ist, dann äussert er die wahre Bedeutung seines traditionellen Diskurses, einen wesentlichen Sinngehalt seiner Kultur. Die Tatsache, dass er in der "Idealsituation" nicht mehr länger ein Stammesangehöriger der muslimischen Berber ist, sondern so etwas, ähnliches wie Professor Gellner, scheint solche Kultur-Übersetzer nicht zu beunruhigen.

Diese Macht, die es ermöglicht, für ein Subjekt mit Hilfe des Konzepts des "Impliziten" oder des "Unbewussten" Bedeutungen zu schaffen und sie zu autorisieren wurde in bezug auf das Verhältnis Analytiker-Analysierter selbstverständlich diskutiert (zum Beispiel Malcolm 1982). Sie wurde aber, so viel ich weiss, niemals in Hinblick auf das erörtert, was der Kulturübersetzer tut. Natürlich existieren schwerwiegende Unterschiede im Fall des Anthropologen. Man sollte darauf hinweisen, dass derjenige, der zwischen Kulturen übersetzt, den Mitgliedern der Gesellschaft, deren kulturellen Diskurs er entwirrt, diese Übersetzung niemals aufzwingt, dass seine Ethnographie von daher niemals dieselbe Autorität beanspruchen kann wie die Fallstudie des Analytikers. Der Analysierte kommt zum Analytiker, oder er wurde ihm von denen, die Autorität über ihn besitzen, als hilfesuchender Patient übergeben. Im Gegensatz dazu kommt der Anthropologe in die Gesellschaft, die er zu lesen wünscht, er sieht sich selbst als ein Lernender, nicht als ein Führer, und er zieht sich aus der Gesellschaft wieder zurück, wenn er genug an Informationen gesammelt hat, um deren Kultur aufzuzeichnen. Er hält die Gesellschaft- und genauso halten sich deren Mitglieder selbst - nicht für krank: die Gesellschaft ist niemals der Autorität des Anthropologe unterworfen.

Aber dieses Argument erweist sich nicht als ganz so schlüssig, wie es auf den ersten Blick erscheint. Was bleibt, ist die Tatsache, dass die Übersetzung oder Repräsentation einer bestimmten Kultur, die der Ethnograph vornimmt, unvermeidlich ein textliches Konstrukt darstellt, dass sie als Repräsentation im Normalfall nicht von den Menschen, denen sie zugeschrieben ist, angefochten werden kann, und dass sie als ein "wissenschaftlicher Text" schliesslich zu einem privilegierten Element im potentiellen Fundus des historischen Gedältnisses der betreffenden nicht-literaten Gesellschaft werden kann. In modernen und sich modernisierenden Gesellschaften besitzen inskribierte Aufzeichnungen eine grössere Macht für die Gestaltung und Umgestaltung des Selbst und der Institutionen, als dies bei Volkserinnerungen der Fall ist. Sie konstruieren dieses Volksgedächtnis sogar. Die Monographie des Athropologen mag, rückübersetzt, in eine "schwächere" Dritte-Welt-Sprache zurückkehren. Auf lange Sicht ist es daher nicht die persönliche Autorität des Ethnographen, sondern die soziale Autorität seiner Ethnographie die von Bedeutung ist. Und diese Autorität ist den institutionalisierten Kräften der industriekapitalistischen Gesellschaft eingeschrieben (siehe oben, S. 324), die ständig dahin tendieren, die Bedeutungsgehalte der verschiedenen Gesellschaften der Dritten Welt in eine einzige Richtung zu treiben. Das heisst nicht, dass es keine Widerstände gegen diese Tendenz gäbe. Aber "Widerstand" an sich ist ein Indikator für die Präsenz einer dominanten Kraft.

Ich muss betonen, dass ich nicht behaupte, die Ethnographie spiele irgendeine grössere Rolle bei der Umgestaltung anderer Kulturen. In dieser Hinsicht sind die Auswirkungen der Ethnographie niemals mit anderen Formen der Repräseritation von Gesellschaften zu vergleichen - zum Beispiel Fernsehfilmen, die im Westen produziert und in die Länder der Dritten Welt verkauft werden. (Nebenbei bemerkt. die Tatsache, dass Anthropologen die Macht des Fernsehens erkannt haben, spiegelt sich in der wachsenden Zahl anthropologischer Filme, die für dieses Medium in England produziert werden.) Noch viel weniger kann man die Auswirkungen der Ethnographie mit den politischen, ökonomischen und militärischen Zwängen des Weltsystems vergleichen. Für mich ist einzig und allein der springende Punkt, dass der Prozess der "Übersetzung zwischen Kulturen" unvermeidlich in Machtverhältnisse eingebunden ist - beruflich, national, international. Und unter diesen Verhältnissen befindet sich auch die Autorität des Ethnographen, implizite Bedeutungen subalterner Gesellschaften aufzudecken. Geht man davon aus, dass dies alles zutrifft, so ist die interessante Forschungsfrage nicht die, ob und gegebenenfalls in welchem Masse die Anthropologen gegenüber anderen Kulturen relativistisch oder rationalistisch, kritisch oder wohlwollend sein sollen, sondern wie die Macht in den Prozess der "Übersetzung zwischen Kulturen", sowohl als diskursive wie als nichtdiskursive Praxis verstanden, Eingang findet.


Fazit

Einige Jahre lang war ich angesichts dieses verwirrenden Problems beunruhigt. Wie kommt es, dass der Ansatz, so wie ihn Gellner in seinem Aufsatz ausgeführt hat, trotz seiner offensichtlichen Fehlerhaftigkeit vielen Akademikern attraktiv erscheint? Liegt es vielleicht daran, dass sie durch einen Stil eingeschüchtert sind? Wir wissen, dass natürlich auch Anthropologen, genauso wie andere Akademiker, nicht nur lernen, eine gelehrte Sprache zu benutzen, sondern auch lernen, sie zu fürchten, zu bewundern und von ihr gefesselt zu sein. Aber dies beantwortet unsere Frage nicht, denn wir erhalten keine Auskunft darüber, warum überhaupt solch ein gelehrter Stil so viele intelligente Leute gefangen halten sollte. ich werde versuchsweise eine Lösung vortragen. Wir haben hier einen Stil, der leicht zu lehren, zu lernen und zu reproduzieren ist (in Examensantworten, bewertenden Stellungnahmen und Dissertationen). Es handelt sich um einen Stil, der die Textuallsierung anderer Kulturen erleichtert, die Konstruktion schematischer Antworten auf komplexe kulturelle Fragestellungen begünstigt und gut dazu geeignet ist, fremde kulturelle Konzepte in deutlich markierte Teilmengen von Sinn" und "Unsinn" einzuteilen. Abgesehen davon, dass er leicht zu lehren und nachzuahmen ist, verspricht dieser Stil erkennbare Resultate, die sich ohne weiteres klassifizieren lassen. Ein solcher Stil muss einfach hoch geachtet werden in einer etablierten universitären Disziplin, die nach den Standards wissenschaftlicher Objektivität strebt. Ist dann nicht vielleicht die Popularität dieses Stils eine Widerspiegelung der Art von pädagogischer Institution, in der wir uns bewegen?

Obwohl es nun geraume Zeit her ist, seit Gellners Aufsatz zuerst veröffentlicht wurde, so repräsentiert er doch eine doktrinäre Position, die heute noch Popularität besitzt. Ich denke dabei an den Soziologismus, der besagt, dass religiöse Ideen ihre wahre Bedeutung von der ökonomischen oder politischen Struktur erhalten, und an die sich selbst bestätigende Methodologie nach der dieses reduktionistische semantische Prinzip für den (autoritativen) Anthropologen Evidenz besitzt, jedoch nicht für die Menschen, über die geschrieben wird. Diese Position geht deshalb davon aus, dass es für den Anthropologen nicht nur möglich, sondern notwendig ist, zu ein und derselben Zeit als Übersetzer und Kritiker zugleich zu fungieren. Ich erachte diese Position als unhaltbar, und ich glaube, dass es die Relationen und Praktiken der Macht sind, die ihr ein gewisses Mass an Lebensfähigkeit gewähren. (Zu einer kritischen Diskussion dieser Position in Hinblick auf die islamische Geschichte siehe Asad 1980.)

Das positive Argument, das ich im Verlauf meiner Auseinandersetzung mit dem Gellnerschen Text entwickeln wollte, hat mit dem zu tun, was ich die Ungleichheit der Sprachen genannt habe. Ich habe die These vertreten, dass das anthropologisch Unterfangen der Übersetzung zwischen Kulturen durch das Vorhandensein asymmetrischer Tendenzen und Zwänge in den Sprachen der dominierten und dominierenden Gesellschaften beeinträchtigt wird. Und ich habe darauf hingewiesen, dass der Anthropologe diese Prozesse untersuchen muss, damit er feststellen kann, inwieweit sie die Möglichkeiten und Grenzen einer gültigen Übersetzung definieren.

Ausser den Mitgliedern des Seminars in Santa Fe, die einen früheren Entwurf dieses Artikels diskutiert haben - und besonders Paul Rabinow, der eine längere Stellungnahme dazu abgab - möchte ich Tanya Baker, John Dixon, Rodney Needham und Keith Nield für ihre hilfreiche Kritik danken.



Literatur

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Pocock, David (1961), Social Anthropology, London/New York: Sheed and Ward.

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