Das Werk des amerikanischen
Künstlers Mel Chin (*1951) nimmt innerhalb der zeitgenössischen
Kunstpraxis schon seit langer Zeit einen besonderen Platz ein. Mel Chin
betreibt ein eigenes Forschungsprojekt, das die Wechselbeziehungen zwischen
asiatischen und westlichen Philosophien, die sich mit alchimistischen
und transformatorischen Prozessen im Informationszeitalter befassen,
freilegt und thematisiert.
Im Rahmen dieses
komplexen dialogischen Systems entwickelt der Künstler Projekte,
die auf formaler Ebene einem philosophischen Modell gleichen und auf
Grundlage von ökologischen Definitionen basieren: die daraus entstehende
´Skulptur´ besteht sowohl aus diversen produktionstechnischen
und kommunikativen, diskursiven Prozessen, die einer eigenen Dynamik
unterliegen, wie auch aus den spezifischen, daraus resultierenden Objekten
und Anordnungen, die sich als visuelle Residuen, als Marker innerhalb
der alchimistischen Verwandlungsprozesse manifestieren.
Weiters entstand
das Fernsehprojekt GALA
Committee / In the Name of the Place (ausführlicher
Online-Artikel auf der flagpole-Website),
das als partizipatorisches Modell angelegt ist, und unter dem
Titel In The Name of The Place (1997) für die amerikanische
Fernsehserie Melrose Place entwickelt wurde.
In diesem Projekt
konzentrierten sich Zusammenarbeit und Zusammenspiel verschiedener Individuen
und Institutionen auf den Prozess von Entwicklung und Platzierung spezifischer
Artefakte im 'Raum' der Serie selbst. ( 'Die Bar', eines der wichtigsten
Sets der Serie, befindet sich nun als Dauerleihgabe der Twodo - Collection
in der vierten Etage des Künstlerhauses.)
Das Projekt bestand
aus einer zweijährigen Zusammenarbeit zwischen Künstlern und
einem Fernsehsender. Zuerst war es in der Serie "Melrose Place" zu sehen,
später dann im Museum of Contemporary Art in Los Angeles, auf der
Kwangju International Biennale in Korea, und bei Grand Arts in Kansas
City. Diese vielschichtige Zusammenarbeit wurde vom GALA Committee initiiert,
einer Gruppe, die sich hauptsächlich aus Studenten
der University of Georgia
(link
zu einer Projektbeschreibung von Phil Williams, University of Georgia)
und CalArts zusammensetzte.
(Diagramm der Struktur des Gala-Kommittee's von Mel Chin)
Ursprünglich
sollten Kunstwerke für das Set dieser sehr populären Fernsehserie
hergestellt werden. Zu Beginn arbeitete GALA mit den Ausstattern von
Melrose Place zusammen, später jedoch entstanden eine Vielzahl
von Beiträgen von Personen aus verschiedenen Bereichen, darunter
Theoretiker, Kritiker, andere Künstler und - bemerkenswerterweise
- die Autoren und Produzenten der Serie "Melrose Place" selbst.
Mit dem erklärten
Ziel, das Fernsehpublikum mit einzubeziehen, platzierte das GALA Committee
zahlreiche Ausstattungsgegenstände und Setdekorationen im Blickfeld
der Kamera, die diese Aufnahmen an Millionen von internationalen Zusehern
übertrug. Obwohl die Kunstwerke nicht in der Absicht hergestellt
wurden, die Serie zu unterlaufen oder zu parodieren, so boten doch sowohl
die Charaktere wie auch die Story selbst immer wieder Gelegenheiten
zur Entwicklung von Arbeiten, die sich mit den Verhältnissen zwischen
den Geschlechtern, mit Themen wie Krankheit, Gewalt, Umweltzerstörung
und globalen Konflikten beschäftigten. Das Projekt vermied es,
in belehrende Posen zu verfallen, und versuchte stattdessen, das Medium
selbst durch Infiltration und Subversion zu verändern. Das Fernsehen
sollte sich durch interaktive Methoden wieder neu erfinden. Gleichzeitig
gelang es dem GALA Committee, durch diese Zusammenarbeit mit dem Massenmedium
Fernsehen, zeitgenössische Public Art in einen weitreichenden
kommunikativen Kontext zu rücken
Während der
Kollaboration zwischen Chin und Melrose Place wurde die Serie
von Millionen von Zuschauern verfolgt. In The Name of The Place
stellt ein Experiment dar, eine von Chin entworfene Ökologie und
Ökonomie: ein System, das aus dem Zusammenspiel von Institutionen,
Massenmedien und dem Modell einer künstlerischen Praxis besteht,
deren Absicht es ist, neue kreative Felder zu erschließen. Die
durch die Versteigerung der für Melrose Place hergestellten
Artefakte erzielten Gelder wurden an zwei karitative Organisationen
verteilt, die sich besonders für die Förderung von Minderheiten
einsetzen. Andere Artefakte, die aus diesem Projekt entstanden, sind
inzwischen Teil eines Stadterneuerungsprojektes, das die Innenstadt
von Detroit wiederbeleben soll.
Diese Arbeit reflektiert
das traditionelle Mandat des öffentlich-rechtlichen Fernsehens,
das gleichzeitig für "Information, Erziehung und Unterhaltung"
sorgen soll.